40 Jahre Renault Turbo – F1-Boliden & R5 Turbo

Zum 40 Jahre-Jubiläum des Renault Turbo ließ man groß auffahren. Mit einem Concours historischer Modelle. Von den F1-Boliden bis hin zum Anabolika-Bonsai R5 Turbo. Auch zwei prominente Altmeister waren der Strecke. Auch F1-Legende Jean-Pierre Jabouille drehte einige Runden im Boliden. Eine „Testfahrt“ im R5 Turbo weckte Reminiszenzen.

F1-Legenden

Heute ist Jean-Pierre Jabouille 76 Jahre alt. Schlank und drahtig, hat er keine Mühe, sich in den feuerfesten Rennkombi zu zwängen. Der V6-Benziner im Originalfahrzeug aus 1979 hat zwar nur 1,5 Liter Hubraum, röchelt, schreit, spuckt und rasselt aber wie ein Großer. Gurte, Helm, alles wie damals – auch die Lautstärke. Auf dem kleinen, engen Trainingskurs Circuit de la Ferté Gaucher lässt Jabouille es gemütlich angehen. Er weiß, auch nach 40 Jahren kommt einem echten F1-Boliden die Bockigkeit nicht abhanden. Beschleunigen ist nur ganz verhalten drin. Die engen Kurven könnten Pilot und Wagen kaum schaffen, wenn die 520 PS mal richtig von der Leine gelassen würden.

Jean-Pierre Jabouille (links) vor seiner Jubiläumsfahrt

In der Boxengasse beobachtet René Arnoux das Geschehen. Er war 1979 dessen Team-Kamerad. Legendär sind seine Positionskämpfe mit Ferrari-Pilot Gilles Villeneuve auf der Piste von Dijon, der am Ende Zweiter wurde. Die Plätze eins und drei beim französischen Grand Prix waren Auftakt für eine lange Reihe von Renault-Erfolgen. Bis heute konnten 177 Siege und 507 Podiumsplatzierungen errungen werden. Nachdem Renault mit dem Start des Turbo-Programms in der Formel 1 vorangegangen war, zogen auch andere prominente Motorsportmarken nach. Ferrari, BMW, Porsche und Honda setzten ihrerseits auf die segensreiche Wirkung der verdichteten Verbrennungsluft.

Der Turbo im Rennsport – heute Alltagstechnologie

Renault 5 Alpine Turbo
Renault Fuego

Aber was hatte der Renault-Kunde von den kostspieligen Experimenten in der „Königsklasse“ des Motorsports? Für Cyril Abiteboul, Geschäftsführer von Renault Sport Racing, ist die Turbotechnologie „zweifellos eine der kühnsten und visionärsten Ideen in der Geschichte des Motorsports“. Umgesetzt in Großserienautos ist der Turbo mittlerweile Teil unseres Alltags geworden. Und ein Symbol für Kraft, Geschwindigkeit und Fortschritt.

Die Aufstellung am Kurs von Ferté Gaucher mit 15 Fahrzeugen aus der Zeit von 1980 bis heute dokumentiert das Bekenntnis zur Leistungssteigerung in unterschiedlichsten Segmenten. Der Kleinwagen R5 Turbo gehörte mit seinen aufgeblähten hinteren Kotflügeln wohl zu den spektakulärsten Erscheinungen auf der Straße. Durch Temperaturprobleme und vereinzeltes Feuer an Bord hatte er schnell einen Ruf als besonders „heißes Eisen“.

Renault 5 Turbo

Der Ritt im R5 Turbo

Die Probefahrt in einem Renault 5 Turbo ist wie ein Date mit der Comicfigur Popeye. Stolze 20,2 Zentimeter beträgt die Karosserie-Verbreiterung an der Hinterachse. Aus guten Grund. Das ursprünglich als Fronttriebler konzipierte Fahrzeug wurde unversehens zum Mittelmotor-Renner. Als man beschloss, die Rücksitzbank zu entfernen und dort den 1,4 Liter kleinen Motor zu platzieren. Außerdem wurde er im Unterschied zum Fronttriebler längs statt quer eingebaut. 160 PS für rund 900 Kilogramm Eigengewicht lassen ein enormes Temperament vermuten.

der längs hinten eingebaute Motor des R 5 Turbo

Feingefühl in den Fußgelenken ist eine gute Voraussetzung für eine entspannte Fahrt im betagten Sportler. Das Kupplungspedal hat gefühlt schon einen Meter Weg zurückgelegt, ohne dass sich Kraftschluss eingestellt hätte. Dafür verlangt das Gaspedal nur eine zärtliche Berührung, um den Vierzylinder hochjaulen zu lassen. Der Verzicht auf Antriebstechnik unter der  Fronthaube wirkt sich positiv auf die Lenkbarkeit aus: Es ist eine Menge Gewicht nach hinten gewandert und so lenkt es sich auch ohne Servo leicht und bequem. Allerdings wird ein ordentlicher Einschlag gefordert, um ihn zielgenau um die Kehre zu bugsieren. Die dicken Hinterrad-Walzen bringen die Antriebskraft gut auf die Straße. Von Ausbruchsversuchen ist nichts zu spüren.

Ebenso wenig, ob denn für die Ausfahrt aus der Kurve die geeignete Übersetzung anliegt. Wenn für ein Getriebe das Wort „ausgelutscht“ gilt, dann für die Fünf-Gang-Schaltbox des historischen Renault 5. Fahrwerk und Sitze sind nach heutigen Maßstäben viel zu weich, die Seitenneigung erheblich. Besonders in der schnellen Links-Rechts-Kombination zur Mitte des Kurses. Die Abwesenheit eines souveränen Fahrverhaltens wird nicht als störend empfunden. Vielmehr macht der pure und ursprüngliche Auftritt des Bonsai-Sportlers einen Heidenspaß. Pausbacken hin oder her: Autofahren so ehrlich und unverfälscht ist zu einer Seltenheit geworden. Und die ausgestellten Kotflügel haben noch nicht einmal etwas mit Imponiergehabe zu tun. Irgendwo muss die Luft ja herkommen, die der Turbo zum Befeuern braucht.

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