Audi R8 Spyder – Ultimativer Sportwagen
Audi R8 Spyder – Ultimativer Sportwagen. Boulevard-Cruiser der oberen Preiskategorie gibt es genügend, echte Racer sind selten. Einer davon ist der Audi R8, der jetzt in der zweiten Modellgeneration als Spyder-Variante erscheint. Konstruktiv ist der offene Supersportwagen eng mit dem Lamborghini Huracán verwandt – und diese Verwandtschaft kann er nicht verleugnen.
Unter der großen Klappe aus Kohlefaser, die sich über das Fahrzeugheck wölbt, steckt ein hochgeschwindigkeitsfestes Stoffverdeck, das sich nicht nur bei Stillstand, sondern bis zu 50 km/h öffnen und schließen lässt. Darunter versteckt sich wiederum der bekannte, für die neue Modellgeneration jedoch nochmals verfeinerte 5.2 Liter V10-Motor, der hier 397kW/540 PS bei luftigen 7.800 U/min leistet und mit einem maximalen Drehmoment von 540 Newtonmeter bei 6.500 U/min aufwartet.
„Der letzte seiner Art“ sei der prachtvolle Motor, heißt es bei Audi, denn die Ära freisaugender Hochdrehzahlmaschinen geht unweigerlich dem Ende zu. Wir beklagen das Verschwinden dieser Gattung, für die der Audi-V10 ein besonders schönes Exemplar ist. Denn dem bissigen Ansprechverhalten, dem freien Herausdrehen bis über 8500 U/min und dem fulminanten Klangteppich dieser Maschine kann kein Turbomotor das Wasser reichen.
Der Zyklusverbrauch liegt bei 11.7 Litern pro 100 Kilometer, und dieser Wert lässt sich im Alltag auch durchaus erreichen. Wer dem Motor ein paar Liter mehr gönnt, kommt sogar ausgesprochen zügig voran: Ganze 3.6 Sekunden dauert der Spurt von 0 auf 100 km/h, die Spitzengeschwindigkeit liegt bei 318 km/h – ohne die kuriosen Abregelungs-Spielereien, mit denen sich die Konkurrenz gerne beschäftigt.
Für die Kraftübertragung auf alle vier Räder sorgt ein Doppelkupplungsgetriebe, an dem Automatikfreunde nichts bemängeln werden. Das Siebengang-Getriebe, das auf die Bezeichnung DL800 hört, peitscht die Gänge förmlich durch, je nach vorgewähltem Fahrmodus wird herzhaft Zwischengas gegeben – und beim Gaswegnehmen knallt es im Abgastrakt, dass es eine Freude ist. Und wer es diskreter liebt, erlebt im Comfort-Modus ein deutlich sanfter agierendes Getriebe.
Bei aller Perfektion beklagen wir einen Verlust: Die phantastische Sechsgang-Handschaltung, die beim Vorgängermodell durch eine offene Metallkulisse geführt wurde, gibt es leider nicht mehr. Sie würde dem R8 Spyder gut anstehen – nicht zuletzt aus Gewichtsgründen, denn eigentlich legen die Entwickler in Neckarsulm auf Leichtbau großen Wert.
Der R8 Spyder basiert teilweise noch auf dem Vorgängermodell, der Rohbau ist jedoch umfangreich geändert worden – unter anderem mit Strukturelementen aus Kohlefaser-Verbundstoff. Der Wagen ist nochmals leichter als das Vorgängermodell, obwohl er steifer, sicherer und luxuriöser geworden ist.
Das niedrige Gewicht kommt der Agilität ebenso zugute wie der neukonstruierte Allradantrieb und das perfekt abgestimmte Fahrwerk mit einem Hinterachs-Sperrdifferential. Mit lasergleicher Präzision lenkt der Sportwagen in Kurven ein, trotz Cabriodach bleibt die Karosserie extrem steif, und der Aufbau lässt sich auch auf unebenen Strecken nicht aus der Ruhe bringen. Die Kurvengeschwindigkeiten liegen extrem hoch, und der R8 Spyder ist auf engen Landstraßen ebenso zuhause wie im obersten Geschwindigkeitsbereich auf der Autobahn.
Der R8 – und das unterscheidet ihn vom eingangs erwähnten Huracán – ist uneingeschränkt langstreckentauglich: Sein vorderer Kofferraum ist erstaunlich großzügig, die Verstaumöglichkeit hinter den Vordersitzen entfällt bei der offenen Variante allerdings. Dort lässt sich die Heckscheibe elektrisch versenken – übrigens auch bei geschlossenem Verdeck, und damit lässt sich der Klang des V10-Motors auch bei widrigen Wetterverhältnissen ungefiltert genießen.
Fahrer und Beifahrer sitzen in einem großzügigen Cockpit, das mit seinem TFT-Bildschirm, dem elektronischen Wählhebel und den technoiden Oberflächen eine ungewöhnlich kühle, futuristische Aura ausstrahlt. Hier erinnert nur noch wenig an den Vorgänger, und der R8 ist mit dieser Kommandozentrale wohl das modernste Auto im Segment.
Es wäre schön, wenn sich gleiches über sein Exterieur behaupten ließe. Doch hier begnügte sich die Designabteilung mit einer konservativen und insgesamt wenig befriedigenden Interpretation des Vorgängermodells. Der sogenannte Singleframe-Kühlergrill wirkt hier besonders klotzig, der seitliche Aufriss vermittelt mit seinem weit nach hinten gezogenen „Blade“ zu wenig Stabilität, und der Heckabschluss ist für einen Audi ungewöhnlich kastenförmig geraten. Es ist wieder einmal die Lichttechnik, die den Gesamteindruck rettet, weil sie faszinierende Technik augenfällig visualisiert.
In Ingolstadt argumentiert man unterdessen, man habe die bisherige Kundschaft nicht mit neuartigen Formen verschrecken wollen. Design ist zum Teil Geschmackssache, und deshalb beschränken wir uns auf die sachliche Feststellung: Der Audi R8 Spyder, alles andere als ein Boulevard-Cruiser, ist einer der besten Supersportwagen der Welt.
jm/amp