BMW 6er
Ist es wirklich schon so weit? Manchmal wundert es einen, wenn die Einladung für die Vorstellung eines neuen Modells auf dem Schreibtisch landet. So ging es uns mit dem 6er BMW. Der zeigt sich als Coupé, viersitziges Cabriolet und viertüriges Gran Coupé so zeitlos elegant, dass die üblichen Retuschen in der Mitte des Produkt-Lebenszyklus bei diesem modernen Klassiker unnötig erscheinen.
In München waren die Verantwortlichen wohl auch dieser Meinung. Denn sichtbar hat sich bei den neuen 6ern kaum etwas geändert. Ein bisschen Arbeit an Niere, geänderte Schürzen und Scheinwerfern sowie weitere Farben und neue 20-Zoll-Räder und die erstmals eingesetzte Sportauspuffanlage – das sind Feinheiten, die zu entdecken auch Experten genauer hinschauen müssen.
Innen will BMW mit den beiden neuen Ausstattungslinien „Design Pure Experience“ und „Design Pure Excellence“ Erfolg haben. Aber vermutlich spielen in dieser Klasse beim Verkaufsgespräch die Individualisierungsmöglichkeiten, die BMW Individual bietet, die größere Rolle. In der Serie werden das Navigationspaket „Connected Drive“, ein Head up-Display, die dynamische Dämpfer Kontrolle „Adaptive Drive“, die Integral-Aktivlenkung und der Allradantrieb „xDrive“ mitgeliefert.
Die Sportauspuffanlage wird sich im Cabriolet akustisch besser behaupten können als in Coupé oder dem Gran Coupé, jedenfalls bei offenem Stoffdach. Aber auch bei geschlossenem Cabrio-Dach und in den Coupé-Innenräumen vermag der Sportauspuff den Eindruck des elegant zurückhaltend arbeitenden Achtzylinders im 650i nicht zu überlagern. Der Klang bleibt auch bei Vollgas eher gesittet.
Neben dem V8-Motor mit 4.4 Liter Hubraum und 450 PS, einem maximalen Drehmoment von 650 Nm und einem durchschnittlichen Verbrauch von maximal 9.5 Litern werden zwei V6-Motoren angeboten: im 640i mit Drei Liter-Benziner mit 320 PS, maximal 450 Nm und einem Verbrauch von maximal 7.9 Litern sowie der 640d mit ebenfalls drei Litern Hubraum, 313 PS, 630 Nm und maximal 5.8 Liter Verbrauch.
Wenn einen auch das Fahrverhalten nicht überrascht, weil es genauso ausfällt, wie man es erwartet, dann darf ich mir – wie BMW in den Informationsunterlagen – einmal einen Ausflug in die Vergangenheit erlauben. Die Münchner legen selbst großen Wert darauf, dass die Tradition der sportlichen Luxus-Coupés bei BMW 75 Jahre zurückreicht und mit dem Modell 327 Sportcoupé begann und nach dem Zweiten Weltkrieg mit dem 503 und dem 507 Roadster wieder aufgenommen wurde. Die Presseunterlagen von BMW erklären zur weiteren Entwicklung: „Mit dem BMW 2800 CS begann 1968 die Ära jener Oberklasse-Modelle, die Sportlichkeit und Luxus auf neuartige Weise miteinander kombinierten.“
Mit dem C 2800 CS begann meine Ära des Kontakts mit anderen Autos als meinem 34 PS-Käfer von 1965. Ich erinnere mich an meinen ersten „Testwagen“ als Jungredakteur der „Hannoverschen Allgemeinen“ immer noch intensiv, denn der BMW CS 2800 hat mich damals unglaublich beeindruckt, nicht nur als Kontrast zu meinem Käfer. Natürlich war der Klassenunterschied deutlich. Aber mehr als das hat mich damals die Qualität der Linienführung, die Eleganz des lichten Innenraums, der damals noch ungewöhnliche Vorwärtsdrang, aber ganz besonders die Leistung der Bremsen begeistert.
Heute wundert sich niemand mehr über leistungsfähige Bremsen. Dennoch ist klar, dass die aktuellen 6er genau in dieser Tradition stehen – mit noch mehr Vorwärtsdrang und mit einem Greenhouse-Konzept, das die Insassen mehr umhaust und umschließt als das im CS 2800 mit dünnen A-Säulen und großen Fensterflächen. Beides hat seinen eigenen Reiz
Peter Schwerdtmann/amp