Was für ein Geburtstag! 30 Jahre BMW M3. Ja, es ist tatsächlich schon drei Jahrzehnte her, dass die M GmbH aus dem E30 einen echten Racer machte. Passend zum sportlichen Jubiläum lässt BMW nun den M4 GTS von der Leine. Einen Sportwagen, der schon im Stand keine Zweifel an seiner Leistung aufkommen lässt. Ob nun der fast schon grazil wirkende Frontsplitter, die schicken Felgen, die futuristischen OLED-Rückleuchten oder einfach nur der dreifach verstellbare Spoiler auf dem Kofferraumdeckel.
Noch vor seinem ersten Atemzug wirdklar: der BMW M4 GTS macht keinerlei Anstalten sich auch nur im Entferntesten in der Understatement-Ecke zu positionieren. Hier heißt es Fakten auf den Tisch und gib ihm. Ein nicht ganz unwichtiges Problem existiert jedoch. Er ist nicht mehr zu haben. Alle 700 Exemplare sind vergriffen. War es sein machohaftes Äußeres? Seine 500 PS? Oder einfach nur die Tatsache, dass es eine Limitierung gibt? Das weiß niemand. Dass sich die 700 Besitzer nicht nur einen Ast, sondern ganze Wälder vor Freude wachsen lassen können, wird nach einer kurzen Spritztour auf angemessenem Untergrund klar.
Schon das Schließen der Tür zeigt auf, dass im Hause M viel Wert auf Gewichtsopti- beziehungsweise Reduzierung gelegt wird. So baumelt eine Schlaufe genau dort, wo normalerweise eine Armauflage inklusive Türgriff installiert ist.
Die Leichtbau-Schalensitze nehmen die Körper der beiden Insassen in sich auf und vermitteln gleich das Gefühl „hier willst Du nicht mehr raus.“ Per Drei- oder Sechspunktgurt wird die Vereinigung mit dem M4 GTS perfekt. Ein kurzer Blick dorthin, wo sich normalerweise eine Rückbank befindet macht ohne Kompromisse deutlich, hier wird es gleich sportlich. Der orangefarbene Überrollbügel und der griffbereite Feuerlöscher gehören ebenso wie der Sechspunktgurt zum optionalen aber kostenfreien Clubsportpaket dazu. Mit dem Satz des BMW M GmbH-Chefs Franciscus van Meel in den Ohren „Glauben Sie mir, sobald Sie in den Carbon-Schalen sitzen und den Titanium-Endschalldämpfer hören, bekommen Sie eine Gänsehaut“, werden die 3.0 Liter Hubraum des Reihensechszylinders geflutet. Gänsehaut? Check!
Wassereinspritzung
Damit die Haare, die gerade noch zu Berge standen, nicht schon nach wenigen Runden wegen Treibstoffmangel gerauft werden, dafür sorgt eine Weltpremiere. Denn der 4.69 Meter lange und 1.585 Kilogramm schwere Bayer ist das erste in Serie gefertigte Straßenfahrzeug, das über ein Wassereinspritzsystem verfügt. Das Wasser wird als feiner Sprühnebel in den Sammler des Saugmodus eingespritzt und sorgt beim Verdampfen für eine Abkühlung der Ansaugluft.
Dadurch sinkt die Verdichtungsendtemperatur im Brennraum und somit die Klopfneigung, so dass der Turbomotor mit einem höheren Ladedruck und einem früheren Zündzeitpunkt operieren kann. Der fünf Liter fassende Wassertank sitzt unterhalb des 445 Liter fassenden Kofferraums. Bei hartem Rennstreckeneinsatz muss der Wasservorrat bei jedem, bei normaler Fahrt ungefähr bei jedem fünften Tankstopp nachgefüllt werden. Eine Anzeige auf dem Infotainment-Bildschirm gibt darüber exakt Auskunft.
Aber nun raus auf die Strecke. Nach den ersten kurzen Gasstößen und den synchron dazu laut röchelnden, acht Zentimeter dicken vier Endrohren wird der erste Gang eingelegt und die 285 Millimeter breiten und 20 Zoll großen Hinterräder beginnen mit dem Vortrieb. Damit der im Zweifel rapide beendet wird, bietet serienmäßig eine Carbon-Keramik-Bremsanlage ihre Dienste an. Ähnliches gilt für den Einsatz der Schaltwippen am Lenkrad, mit denen bei Bedarf die Automatik des Siebengang-Doppelkupplungsgetriebes entmündigt werden kann. Echte Rennsportfans müssen angesichts der kurzen Schaltzeiten nicht lang überlegen und spielen nur zu gern die komplette Siebengang-Klaviatur mit den eigenen Fingern.
Ein beherzter Tritt aufs Gas zeigt sofort, dass hier Rennsport mit allen Sinnen und auf höchstem Niveau zelebriert wird. Die entfesselten 600 Newtonmeter Drehmoment wirken wie ein gut gezielter Tritt ins verlängerte Rückgrat. Die Tatsache, dass eine Pferdestärke für die Beschleunigung von genau drei Kilogramm zur Verfügung steht, scheint fast schon verschwenderisch, wirkt allerdings äußerst zielgerichtet. Nach 3.8 Sekunden liegen 100 Kilometer pro Stunde an, bei Tempo 305 ist Schluss. Der Begriff des Turbolochs verpufft beim M4 GTS genauso schnell wie die Hoffnung auf das tatsächliche Erreichen des 8.5 Liter-Normverbrauchs.
Für die genaue Richtungsangabe ist die elektromechanische Lenkung mit direktem Lenkgefühl verantwortlich, die eine sehr präzisere Rückmeldung liefert. Wer sich sicher fühlt, wird im M Dynamic Mode seine wahre Freude haben. Hier werden leichte Drifts durch mehr Radschlupf ermöglicht. Doch quer bedeutet auf Asphalt Zeitverlust und den hat sich der BMW M4 GTS auf der Nordschleifenfahrt in unter 7:28 Minuten nicht geleistet. Per BMW M Laptimer App können zudem Fahrdaten aufgezeichnet und über Facebook, Twitter oder per Mail in die Welt hinausposaunt werden.
Das Dreiwege-Gewindefahrwerk kann bei Bedarf eine für einen reinrassigen Sportwagen bemerkenswert rückenfreundliche Federung bieten. Auf der Rennstrecke und der artgerechten Fahrwerkseinstellung wird da völlig zurecht wenig Rücksicht drauf genommen. Der ursprünglich in vier Außenfarben bestellbare Sportler zeigt auf rasante Art und Weise, warum sich die M GmbH im Aufwind befindet. Allein im vergangenen Jahr brachte sie 62.500 Fahrzeuge auf den Markt. Der BMW M4 GTS sieht nicht nur rassig aus, er ist es auch.