BMW M5 – 600 PS für Kurvenhatz erstmals mit Allrad

BMW M5 – 600 PS für Kurvenhatz erstmals mit Allrad. Wenn es im Sportwagenbau ein ehernes Gesetz gibt, dann dieses: Das Nachfolgemodell muss immer ein bisschen mehr Leistung haben als der Vorgänger. Doch bei BMW scheint dies nicht zu gelten. Mit 441 kW/600 PS ist das neue Modell genauso stark wie das 2014 vorgestellte Sondermodell „30 Jahre M5“. Dennoch findet Verwegenes statt: Ein Antriebsrad muss nicht mehr 300 Pferdestärken verkraften wie damals, sondern nur noch 150 – der M5 ist ein Allradler geworden.

BMW M5

Dieser Bruch mit der Vergangenheit ist ebenso radikal wie es etwa die Umstellung vom V10-Hochdrehzahl-Sauger zum V8-Turbo vor sechs Jahren war. Und was die abstrakte Zahl „600“ tatsächlich für die Praxis bedeutet, kann folgende Rechnung illustrieren: Teilte man diese Motorleistung in vier Fahrzeuge vom Typ X1 118i auf, blieben immer noch genug Pferdestärken übrig, um zum Beispiel ein BMW-Motorrad flott damit anzutreiben. Mit dieser Leistung verschafft sich das sportliche Spitzenmodell der Baureihe einen Respektabstand zum im Frühjahr vorgestellten M550i, der mit 340 kW/462 PS auch nicht gerade untermotorisiert ist. Nur ein Fahrzeug in der kompletten Fertigungsriege der Bayern hat noch mehr Power: Der M 760Li, der seine Kraft aus zwölf Zylindern schöpft.

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Damit Traditionalisten, für die sportliches Autofahren nur nach dem Prinzip „Motor vorn – Schub hinten“ funktionieren kann, nicht von der Fahne gehen, legt BMW die Beantwortung der Antriebsfrage aber in die Hände des Fahrers oder der Fahrerin: Unter den zahlreichen wählbaren Fahrmodi ist auch eine 2WD-Einstellung, mit der 100 Prozent Leistung an die Hinterachse beordert werden. Überhaupt bietet auch dieser M5 wieder die Chance, sich eine ausgiebige Einarbeitungszeit zu gönnen, um aus der Fülle von Einstellmöglichkeiten für die Kennlinien von Gas, Lenkung und Dämpfern ein individualisiertes Profil zu bilden. Oder man fährt ihn so, wie er ist – was dem M5-Neuling reichlich Spaßpotenzial verheißt.

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Auch wenn es bereits einen gleich starken M5 gab, trägt das neue Auto dem Wunsch nach „mehr“ umfassend Rechnung. Das vom Hersteller M xDrive titulierte Antriebskonzept verwirklicht nach Worten von Frank van Meel, dem Chef der M-GmbH, „spezifische Software für die integrierte Regelung von Längs- und Querdynamik“. Dass Vierrad-Antrieb Traktionsvorteile bietet, ist inzwischen auch dem automobilen Laien klar, im Falle des M5 würden damit aber „Agilität und Präzision des Standardantriebs mit der Souveränität und Traktion des Allradantriebs kombiniert“. Damit lasse sich die Limousine, so van Meel, „sowohl auf der Rennstrecke wie auf der Straße auch bei besonderen Witterungsbedingungen gewohnt sportlich und zielgenau dirigieren“.

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Statt bei 7.200 Umdrehungen, wie beim Vorgänger, gibt das aktuelle Twin-Turbo-Aggregat seine maximale Leistung bereits zwischen 5.600 und 6.700 Kurbelwellen-Rotationen ab, das Drehmoment stieg gleichzeitig von 680 auf 750 Newtonmeter. Um diese Schubkraft freizusetzen, reicht schon ein lascher Gasfuß aus, denn ab 1.800 Touren haben die Turbinen den vollen Druck aufgebaut. Dies und der Traktionsgewinn durch Allradantrieb bewirkt das „mehr“ bei der Beschleunigung: Nach nur 3,4 Sekunden passiert die Tachonadel die 100 km/h-Markierung. Im 33. Jahr seiner Existenz untermauert der M5 so aufs Neue die These, dass ein alltagstaugliches Limousinenkonzept und konkurrenzfähige Rundenzeiten auf dem Circuit keine Widersprüche sind.

Ebendort, nämlich auf dem ehemaligen Grand-Prix-Kurs von Estoril, wurde jetzt der Beweis dafür angetreten. Und wer von den Testern es nicht schon vorher wusste, konnte am eigenen Leib erfahren, wie unmittelbar die Top-Speed auf der Geraden von jenem Tempo abhängt, mit der man aus der letzten Kurve kommt. 250 km/h am Ende der Start-Ziel-Geraden sind da eher die Regel als die Ausnahme, die gut dosierbare Bremse vernichtet zuverlässig den Vortrieb, um nicht Bekanntschaft mit dem Kiesbett zu machen.

Energische Lenkbewegungen vermögen den 1,9-Tonner ebenso wenig aus der Ruhe zu bringen wie plötzliche Lastwechsel. Mit der rückmeldungsfreudigen Lenkung hat der Fahrer keine Mühe, den grollenden Boliden auf Kurs zu halten. Gegen die Wirkung der Zentrifugalkraft schützen passgenaue Sportsitze, die auf Wunsch gegen M-spezifische Multifunktionssitze ausgetauscht werden können. Nach wenigen Eingewöhnungsrunden wächst der Mut, die Eingriffsschwellen der Stabilitätssysteme zu senken und in ein Programm zu wechseln, das gewisse Driftwinkel zulässt. Fortgeschrittene gönnen sich dann auch gern den 2WD-Modus, der beim Querfahren zwar die Reifen nicht schont, aber den Fahrspaß potenziert.

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Ein „mehr“, das auf den ersten Blick nicht für Applaus aus der Öko-Ecke taugt, ist der Verbrauch des Power-Pakets. War der letzte „Standard“-M5 noch mit einem NEFZ-Mittel von 9,9 Litern angegeben, so nennt BMW diesmal 10,5 Liter je 100 km. Erklärt wird dies damit, dass der Wert erstmals nach den Bedingungen des neuen WLTP-Standards ermittelt wurde. Der ist näher an realen Fahrbedingungen als die bisherige EU-Norm und liegt deshalb höher.

Doch BMW traut den Kunden offenkundig zu, dass sie ihre Performance-Limousine im Normalbetrieb zurückhaltend und sittsam bewegen: Der Tank wurde von vormals 80 Litern Inhalt auf 68 Liter verkleinert. Schließlich sollen bei konstant 90 km/h nur 8,2 Einheiten Sprit je Normstrecke durch die Einspritzdüsen zerstäubt werden. Das elektronisch geregelte Achtgang-Automatikgetriebe stellt sich auf geringere Leistungsanforderung umgehend sein und bietet in den Fahrstufen sechs bis acht lange Übersetzungen, die drehzahlmindernd wirken.

Traditionell bietet der M5 nicht nur ein hohes Leistungs- sondern auch ein umfangreiches Ausstattungsniveau. In der aktuellen Version sind zum Beispiel Vier-Zonen-Klimaautomatik, 19-Zoll-Aluräder, dynamische Dämpfer-Kontrolle, Lederpolster, Navigationspaket, LED-Scheinwerfer, Spurhalte- und Parkassistent, Head-up-Display, Harman-Kardon-Soundsystem, Komfortzugang und elektrische Heckklappe mit an Bord. Unter Einbeziehung von M- und M-Performance Modellen anderer Baureihen will Frank van Meels Truppe in Bälde die Marke von 100.000 Fahrzeugen knacken. Gut zwei Drittel davon sind dieses Jahr schon erreicht.

afb/amp

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