Bonhams Auktion für Motorräder – Preisanstieg für Oldtimer
Bonhams Auktion für Motorräder. Preisanstieg für Oldtimer Motorräder Zum Ersten, zum Zweiten, zum Dritten:
Der Hammer des Auktionators schlug auf den Tisch und der Inhaber-Wechsel war perfekt:
Die Flying Merkel – weder verwandt noch verschwägert mit der deutschen Bundeskanzlerin –
hatte einen neuen Besitzer. Umgerechnet 45 000 Euro hatte der sich das 104 Jahre alte
Motorrad auf einer Auktion am Wochenende kosten lassen. Oldtimer auf zwei
Rädern erreichen zwar lange noch nicht die Preiskategorien ihrer vierrädrigen
Altersgenossen, doch sie sind auf dem besten Weg dahin wie eine Reihe von
Versteigerungen des renommierten britischen Auktionshauses Bonhams zeigt,
so wie beispielsweise jetzt auf der 22. „Carole Nash Classic Motorcycle
Mechanics Show“ in der Kleinstadt Stafford in Mittelengland.
260 Maschinen aus Privatsammlungen
James Robinson, Journalist, Motorrad-Experte und Herausgeber der englischen Zeitschrift
„The Classic Motor Cycle“ sprach von Schätzen aus bedeutenden Privatsammlungen, die
diesmal unter Insgesamt kamen in Stafford 260 Maschinen – teilweise auch nur deren
Fragmente – in den Verkauf. Den Auftakt des Auktionsreigens machte die 60, zumeist
amerikanische Motorräder umfassende so genannte Lonati Collection des italienischen
Industriellen und Zweiradfans Tiberio Lonati. Der hatte vor seinem Tod 2013 ausgesucht
wertvolle Zweiräder aus den USA zusammengetragen, zumeist von Harley-Davidson und
Indian, und sie in einem prächtigen Privatmuseum gezeigt. Jetzt machten die Erben die
Raritäten erfolgreich zu Geld: Für insgesamt knapp zwei Millionen Euro wechselten die
Zwei- und Dreiräder (einige als Gespann) den Besitzer, darunter auch die Flying Merkel.
Dieses Motorrad hatte kurz vor dem Ersten Weltkrieg wegen seines eigenwilligen Tanks
und der auffälligen Farbe geradezu Kultstatus.
Indian als erster Serienproduzent
Das zweifelsfrei wertvollste Fahrzeug der ersten Auktion stammte vom 1901 in
Massachusetts gegründeten Unternehmen Indian und wurde 1930 in Springfield
produziert: eine Indian Model 402 Four. Indian war der erste Serienproduzent von
Motorrädern in den USA und eine Zeit lang der größte Zweiradproduzent der Welt. Die in
Stafford versteigerte Maschine beurteilen Zweirad-Kenner ähnlich enthusiastisch wie die
Fans von vierrädrigen Oldtimern einen Duesenberg. Das für 132 000 Euro versteigerte
Motorrad mit Vier-Zylinder-Motor gehörte zur letzten in den USA gebauten Zweirad-
Modellreihe mit vier Zylindern und war mit deutscher Zulassung und deutschen TÜV Papieren
ausgestattet.
Spitzenreiter aus der Sammlung Lonati
Für fast 50 000 Euro weniger kam eine 105 Jahre alte Pierce 688 cc Four aus der Lonati
Collection unter dem Hammer. George N. Pierce aus Buffalo/New York fertigte zunächst
hochwertige Vogelkäfige, später Fahrräder und Motorräder und stieg dann ins
Autogeschäft ein. Sein Werbeslogan lautete frei übersetzt: „Wir wollen nicht mit unseren
Preisen konkurrieren, sondern mit unserer Qualität.“ Die Piece 688 Four war das erste
amerikanische Motorrad mit vier Zylindern. Weitere Spitzenreiter aus der Sammlung
Lonati: eine 1928er Harley-Davidson 1200 cc Model JDH Two Cam (37 000 Euro) und eine
1914 Indian 7hp Big Twin (63 000 Euro).
Tags darauf setzte sich der Geldsegen in Stafford fort als Bonhams weitere 200
Maschinen unter den Hammer nahm. Diesmal kamen 3,2 Millionen Euro zusammen.
Es zeigte sich aber, dass Maschinen, die mit großen Vorschusslorbeeren angekündigt
worden waren, bisweilen auch unter den Erwartungen blieben. Ein Beispiel dafür war
eine 1934er Indian 750cc Sport Scout, die einst dem motorbesessenen und
rennbegeisterten Hollywood-Star Steve McQueen gehört hat. Trotz Promi-Bonus kamen
statt der erhofften 90 000 Euro nur 81 000 Euro zusammen. Umgekehrt erzielte eine
1932er Rudge 350cc Werks-Rennmaschine in völlig unrestauriertem Zustand statt der
zuvor kalkulierten 13 500 Euro das Sechsfache.
Für Laien schwer nachvollziehbar, da auf den ersten Blick nur als Schrotthaufen zu
erkennen, dagegen von Experten umso besser verstanden, waren die Ergebnisse der
beiden Losnummern 200 und 201 der Auktion. Es handelte sich einmal um die
Fragmente einer 1926er Brough Superior 981 cc SS 100 Alpine Grand Sport Project (322
000 Euro), das andere Mal um eine ein Jahr jüngere Version des gleichen Typs (352 000
Euro).
Die Auktionatoren von Bohams sind sicher, dass bei der Wertsteigerung alter Motorräder
das Ende der Fahnenstange noch lange nicht erreicht ist. Sprecherin Ruth Fletcher ist
überzeugt: „Wir werden uns noch über so manchen Scheunenfund wundern. Motorräder
sind halt nicht so einfach zu finden wie komplette Autos.“
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