Braustadt-Burg Rallye Zwettl – Der etwas andere R5-Auftrieb
Braustadt-Burg Rallye Zwettl – Der etwas andere R5-Auftrieb. Kurt Göttlicher debütiert mit 63 im modernen R5-Boliden, Walter Mayer tritt mit 69 eventuell zum letzten Mal im R5 auf Asphalt an. Topfavorit ist Gerald Rigler im nagelneuen Ford Fiesta R5 Evo2. Insgesamt sind 50 Teams bei der 3. Int. Braustadt-Burg Rallye Zwettl am Start, davon sechs Historische.
Beim Saisonauftakt zur Austrian Rallye Challenge (ARC), der Schneerosen-Rallye, hätte sein Coup die große Überraschung sein sollen – doch zum einen sickerte die Info über einen rallyebegeisterten Druckereimitarbeiter in die Szene, zum anderen musste Kurt Göttlicher seinen sensationellen Start in einem modernen R5-Fahrzeug schon bald nach Bekanntwerden wegen Problemen mit der Sitzmontage wieder absagen…
„Veni, vidi, vici – dann kam Göttlicher“
Bei der Braustadt-Burg Rallye Zwettl werden Kurt Göttlicher und Stefan Lischka einen Hyundai i20 R5 pilotieren, dieses noch junge R5-Fahrzeug debütierte erst unlängst bei der Lavanttal-Rallye in Österreich. Der 63-jährige Göttlicher, der nach seinem Comeback im Jahr 2010 nur noch historische Boliden vom Typ Ford Sierra Cosworth bewegte, oft auch sehr schnell, sodass er 2014 beinahe die gesamte ARC gewonnen hätte, erklärt zu seiner Premiere in einem modernen Rallye-Fahrzeug zunächst lachend: „Veni, vidi, vici – und dann kam Göttlicher! Wir Bauern des Waldviertels sind keine Dummköpfe!“
Dass er bei seiner ersten Rallye im R5 tatsächlich kommen und siegen könnte, glaubt jedoch nicht einmal der Charakterkopf selbst, er fügt hinzu: „Die Prüfungen bei dieser Rallye sind irrsinnig schnell und ich bin diesen Speed nicht so gewöhnt – natürlich werden wir den Motor ausdrehen, bis es ihm die Ventile herausschlägt. Aber ich fahre zum ersten Mal mit einem modernen R5-Auto und daher gewinnt Gerald Rigler.“
Schicksalsrallye für Walter Mayer?
Einer, der „vielleicht zum letzten Mal einen R5 auf Asphalt“ bewegt, ist Walter Mayer, der mit Jürgen Heigl an den Start geht. Der 69-jährige frühere dreifache Rallycross-Staatsmeister und Rallye-Vizemeister des Jahres 1992 erklärt: „Es ist ein letzter Versuch, mit dem Peugeot 208 T16 R5 auf Asphalt klarzukommen. Nicht nur wir, sondern viele Piloten, auch international erleben mit diesem Wagen Negatives – das Problem dabei: Das Auto zeigt den Grenzbereich nicht an. Er hält, hält, hält und plötzlich schmiert er ab.“
Das R5-Debüt von Kurt Göttlicher beobachtet Mayer mit Interesse: „Ich weiß ja aus eigener Erfahrung, dass du das Älterwerden ab 60 spürst, das kann man nicht aufhalten. Kurt Göttlicher war immer ein guter Fahrer, aber es wird entscheidend sein, wie schnell er sich auf diesen reinrassigen Rennwagen einstellen kann. Kurt belebt auf jeden Fall die Szene.“
Topfavorit & „Küken“: Gerald Rigler
Dass dieser Umstieg kein leichter wird, prophezeit Topfavorit Gerald Rigler, der wieder den nagelneuen Ford Fiesta R5 Evo2 von Zellhofer Motorsport zünden wird. Rigler, mit 47 das „Küken“ im R5-Reigen der Braustadt-Burg Rallye Zwettl, vor rund fünf Jahren nach einem Motorradunfall vom Zweirad- in den Rallyesport gewechselt, sagt: „Mir fiel der Umstieg auf R5 schwerer als auf das World Rally Car – der R5 muss gefahren werden wie ein S2000.“
Rigler fuhr mit einem anderen Copiloten eine Testrallye in Tschechien, Stammbeifahrer Martin Rossgatterer unterzog sich einer Meniskus-Operation und gibt in Zwettl sein Comeback. Nachdem also Rigler (Rücken-OP am Jahresbeginn) und Rossgatterer rundum „serviciert“ wurden, sollte einem weiteren Erfolg in der Austrian Rallye Trophy (ART) für moderne Fahrzeuge, die Rigler als Tabellenleader sieht, nichts im Wege stehen: „Ich sehe keine wirklichen direkten Gegner, doch das sagt noch nichts. Probleme können immer auftauchen.“
ARC-Champion kommt gestärkt
Dagegen halten könnte vielleicht der Ungar Dani Fischer, der regierende ARC-Champion hat in seinen zuletzt schwächelnden Subaru Impreza CG8 einen neuen Motor eingebaut und dürfte somit wieder die altgewohnte Stärke erlangen. Die ARC-Wertung konnte Fischer bei der Schneerosen-Rallye dennoch für sich entscheiden, weshalb er auch als Tabellenführender nach Zwettl kommt.
Roman Mühlberger ist stets eine gute Platzierung zuzutrauen, auch wenn er diesmal mit einem anderen Auto antritt: „Es ist auch ein Mitsubishi Lancer Evo VI, jedoch ein anderer, den ein Freund kaufen möchte – er wollte, dass ich damit eine Rallye fahre, denn an sich war unser Start in Zwettl gar nicht vorgesehen.“ Das Auto wird also nicht wie gewohnt schwarz-rosa lackiert sein, sondern im jungfräulichen Weiß antreten. „Vielleicht lackiere ich die Stoßstangen noch rosa, falls ich die Zeit dazu habe“, schmunzelt Mühlberger, der wieder mit der Schweizer Copilotin Katja Totschnig fahren wird, Tochter des unvergessenen Walter Totschnig. Mühlberger ist zurzeit Zweiter der ART.
Schneller Junior: Marvin Lamprecht
Für starke Zeiten ist auch Junior ARC-Champion Marvin Lamprecht stets zu haben, gemeinsam mit Eva Kollmann pilotiert er einen Mitsubishi Lancer Evo VII, nach der Schneerosen-Rallye führt Lamprecht erneut in der JARC.
In einem Evo VI startet Thomas Pyringer, während Gerry Pöschl einen modernen Evo IX lenken wird. Aus Deutschland kommen Franz Auer und Elka Irrlacher in einem Evo II. Insgesamt sind Piloten aus den Ländern Deutschland, Ungarn, Tschechien und Österreich am Start.
In einem Dreier Golf Kitcar starten Christoph Weber und Stefan Langthaler in der Klasse 10, in dieser tritt auch der Deutsche Mathias Moosleitner in einem BMW M3 E30 an, auf dem „heißen Sitz“ der „Heckschleuder“ nimmt die erfahrene Christina Ettel Platz.
ARCH: Albert Bellschan von Mildenburg als Tabellenleader
Wie immer in der ARC werden die Historischen die Prüfungen eröffnen –fünf Schmuckstücke sind zu bewundern. In der neuen Austrian Rallye Challenge Historic (ARCH) führt Albert Bellschan von Mildenburg in seinem blitzblauen, wunderschönen Porsche SC Gruppe 4, er wird erneut von Bernhard Ettel, dem Stammbeifahrer des regierenden Staatsmeisters Hermann Neubauer navigiert.
Gerhard Fragner, im Vorjahr Champion des Historischen Rallye Pokals, ist der stärkste Verfolger in der ARCH, er pilotiert wieder einen Mazda 323 BG Turbo 4WD. Starke Zeiten darf man auch von Günther Königseder im Lancia Delta Integrale 16V erwarten.
Zwei Rookies im Original-Diesel-Cup-Golf
Ein besonderes Auto hat Daniel Temper aufgebaut: Der Golf IV TDi stammt von Volkswagen Motorsport und ist ein Cupauto des früheren deutschen Diesel-Cups, den es danach auch in Österreich gab. Der rund 180 PS starke Wagen wurde komplett neu und im Originaldesign aufgebaut. Für Daniel Temper wird es die erste Rallye sein, er fuhr bislang vier Bergrennen, auch sein Copilot Dieter Bichl wird bei der Braustadt-Burg Rallye Zwettl seine Rallyepremiere geben. Womit sich die Austrian Rallye Challenge einmal mehr als optimale Einstiegs-Serie für Jung- und Quereinsteiger erweist.
Nach dem heftigen Unfall an der Seite von Michael Denk bei der Opel Wechselland-Rallye, bei dem der im legendären „Martini“-Design gehaltene Mitsubishi von Denk komplett zerstört wurde, kehrt der passionierte Pfeifenraucher Harald Bachmayer schon in Zwettl wieder ins Cockpit zurück und wird für Bernhard Stitz aus dem „Gebetsbuch“ lesen.
Stefan Reininger zündet wieder den Integra
Auch Stefan Reininger ist wieder am Start, nachdem der 2012 zurückgetretene 67-Jährige bei der Schneerosen-Rallye ein Comeback in seinem Honda Integra Type R gegeben hatte, allerdings nicht ins Ziel kam.
Reininger fuhr bereits Ende der Achtzigerjahre und war Österreichs erster Gruppe N-Sieger in der Rallye-WM sowie der erste Österreicher, der bei der originalen Rallye Paris-Dakar ins Ziel kam. Außerdem konnte Reininger jeden Cup, an dem er teilnahm, gewinnen. Bei der Braustadt-Burg Rallye Zwettl ist wohl eine Zielankunft das oberste Ziel.
„Rasender Fotograf“ im R3-Boliden
Mit zwei besonderen Teams startet das Waldviertler Wurmbrand Racing Team in Zwettl: Den Citroen DS3 R3 pilotiert wieder der „rasende Fotograf“ Matthias Österreicher, der immer schneller wird und bald schon als „fotografierender Rallyepilot“ zu bezeichnen sein wird. Den DS3 R1 steuert wieder Jungpilot Benedikt Baier, der wieder von seinem Vater, Oldtimer-Guru Christian Baier navigiert wird.
Gleich fünf Autos setzt das Sonnleitner Motorsport Team ein, darunter auch Gerald Bachler im Subaru Impreza WRX STI, der heuer nicht mehr in der M1-Klasse antreten darf. Auch Wolfgang Schmollngrubers Race Rent Austria Team ist mit vier Autos gut vertreten. Zwei Autos der Klasse 9, also nach M1-Reglement aufgebaut, sind ebenfalls am Start: Philipp und Leopold Hahn zünden wieder den Mitsubishi Colt Ralliart, ARC-Stammpilot Harald Ruiner gibt erneut seinem Nissan Z350 die Sporen.
„Riesen-Event beim Start der SP Rappottenstein“
Die ACP (Actionpoints) der Braustadt-Burg Rallye Zwettl sind heuer allesamt mit Verpflegungsständen versorgt – ganz besonders weist Veranstalter Wolfgang Stich auf den Start der SP 2/4 „Rappottenstein“ hin: „Der Start in Schönbach wird ein Riesen-Event beim Rundkurs, der je zweimal befahren wird. Die Zuschauer bekommen dort sehr viel zu sehen, der ACP ist leicht zu erreichen und es gibt ausreichend Parkplätze.“
Rallyetaxi im Fiat Cinquecento
Wer schon jetzt „lange Zähne“ bekommt und den Rallyesport einmal aus der Cockpitperspektive erleben möchte, dem sei das Rallyetaxi des Projekts „MoMeTec“, dem Verein zur Erhaltung und Förderung von Mobilität, Mensch und Technik empfohlen.
Der Obmann des Vereins, Michael Moser, ein erfahrener Berg- und Eisrennfahrer wird als „Taxler“ in einem Fiat Cinquecento Gruppe A-Boliden aus dem Jahr 1995 fungieren, vier Taxifahrten stehen insgesamt zur Verfügung. Alle Infos dazu gibt es hier: http://www.braustadtrallye.zwettl.at/MEDIA/Rallye_Taxi.pdf