Chinesische Autos auf Augenhöhe?
Das ADAC – Technikzentrum in Landsberg hat 13 chinesische Automodelle aus den letzten drei Jahren untersucht und kommt zu dem Ergebnis: Chinesische Fahrzeuge sind ernstzunehmende Konkurrenten und überzeugen in vielen der Testkategorien.
Bis auf zwei Ausnahmen erreichten alle Pkw fünf von fünf Sternen im Euro NCAP-Crashtest. Auch im Ausweichtest, bei dem das Sicherheitsverhalten und insbesondere das ordnungsgemäße Funktionieren des ESP überprüft werden, gaben sich die Testkandidaten keine Blöße. Viele Fahrzeuge europäischer Hersteller fuhren schlechtere Ergebnisse ein.
Die Experten erkannten zudem größtenteils gute Materialqualität und Verarbeitung von Karosserien und Innenräumen. „Unsere Tests zeigen: Die chinesischen Hersteller haben in den vergangenen Jahren stark aufgeholt und können mit etablierten Marken inzwischen mithalten“, sagtTechnik-Präsident Karsten Schulze.
Mankos bei Software & Übersetzung
Ein wiederkehrendes Manko sah der Autoclub hingegen bei den Assistenzsystemen. Verkehrszeichenerkennung, Spurhalte- und Abstandssysteme funktionierten oftmals nur unzuverlässig. Hier profitieren europäische Hersteller von ihrer jahrzehntelangen Erfahrung mit diesen in der Abstimmung hochkomplexen Systemen. Allerdings sieht man auch, wie schnell chinesische Hersteller auf Kritik reagieren: In neueren Modellen etwa von Nio zeigten sich die Systeme schon deutlich verbessert.
Auch bei der Bedienung läuft nicht immer alles reibungslos, was vor allem an der starken Fokussierung auf Touchscreens liegt. Komplexe Menüstrukturen in Kombination mit teils träge reagierenden Displays, Softwarefehlern und falschen Übersetzungen sorgen immer wieder für Probleme bei der Steuerung von Klimaanlage, Navigation oder Entertainment.
Modelle & Preise
Preislich unterbieten chinesische Modelle europäische Hersteller beinahe immer, oft um mehrere tausend Euro. Allerdings könnte sich ein Auto mit günstigem Anschaffungspreis später doch als teurer herausstellen, etwa durch unerwartet hohen Wertverlust oder Reparaturkosten. Außerdem ist das Händlernetz teilweise noch nicht so dicht wie bei der etablierten Konkurrenz. Während BYD, Maxus und MG breit aufgestellt sind, ist es zum Beispiel bei Aiways noch viel unklar, wie ein Neufahrzeug ausgeliefert wird. Für Wartungen und Reparaturen kooperieren die chinesischen Hersteller häufig mit Anbietern wie ATU und Euromaster.
Dem medial oft vermittelten Bild von einer „Überschwemmung des europäischen Marktes“ widerspricht Florian Hördegen, Leiter Fahrzeugtechnik im Technikzentrum Landsberg: Allerdings sei die Grenze zwischen europäischen und chinesischen Herstellern ohnehin nicht mehr so eindeutig wie noch vor einigen Jahrzehnten. BMW und Citroën etwa lassen manche ihrer Modelle komplett in China fertigen und die Marke Smart ist in einem Joint Venture von Mercedes-Benz und Geely neu aufgegangen.