Der Konsens kehrt zurück
Er hat den Umbau von Volkswagen im Rekordtempo vorangetrieben, mit Traditionen gebrochen wie kein anderer vor ihm. Jetzt hat Herbert Diess den Konzern verlassen, in den er Ende 2014 eingetreten war. VW-Titan Ferdinand Piech hatte ihn damals von BMW nach Wolfsburg geholt. Dort genoss Diess den Ruf eines Technik-Freak und knallharten Verhandlers.
Damit stieß er in der Wolfsburger Konsenskultur auf erhebliche Widerstände. Doch die politisch erwünschte Zeitenwende gab ihm Auftrieb: Im Anschluss an den Dieselskandal propagierte Diess vehement die Transformation zur Elektromobilität, bezog Stellung gegen Alternativen wie CO2-neutrale E-Fuels oder den Wasserstoffantrieb. Und setzte die neuen Fahrzeugplattformen und Produktionsstätten so auf, dass die Rückkehr zu klassisch angetriebenen Fahrzeugen kaum noch möglich sein würde. Vielen im Konzern ging das zu weit.
Jetzt hat sich der Konzern zum Schnitt entschieden: Porsche-Chef Oliver Blume wird Diess zum 1. September 2022 beerben. Der gebürtige Braunschweiger ist im Konzern bestens vernetzt, er gilt als führungsstark und konsensorientiert. Und noch etwas: Sein Ansatz passt in eine Zeit, in der manche Vision auf den Prüfstand gestellt wird.
Denn Blume verfolgt bei Porsche seit langem eine Strategie der Technologieoffenheit, die neben batterieelektrischen Modellen auch Raum für andere Antriebe lässt. Damit hat Blume bei Porsche die Liebhaber klassischer Autos hinter sich gebracht.
Bei Volkswagen schafft er vielleicht noch etwas viel größeres: Mit erschwinglichen, sparsamen Autos unterschiedlichster Machart auch in Zukunft die Mobilität für Kunden sicherzustellen, die sich über viele Jahrzehnte lang auf die Marke verlassen konnten. (aum)