Deutsche Hersteller auf der IAA – Vollgas trotz Unkenrufen
Deutsche Hersteller auf der IAA – Vollgas trotz Unkenrufen. Die deutschen Hersteller lassen auf ihre alle zwei Jahre stattfindende Heimmesse in Frankfurt nichts kommen. Während ein knappes Dutzend Autohersteller auf der IAA fehlt, gab es viele Weltpremieren zu bestaunen, noch bevor die Messehallen öffneten. Eindeutiger Tenor: Man bekennt sich klar zur Zukunft des Diesels.
„Es lohnt sich mehr, den Diesel zu verbessern, als ihn zu verbieten“, leitet Daimler-Chef Dieter Zetsche seine Rede am Vorabend der IAA ein, „Vertrauen ist verloren gegangen. Doch es gibt bei uns kein entweder oder.“ Er unterstreicht, erst jüngst erst drei Milliarden Euro für die Entwicklung neuer Dieseltechnik investiert zu haben. „Doch wir machen das eine – ohne das andere zu lassen“, ergänzt Zetsche auf der Bühne der Frankfurter Festhalle, „wir werden bis zum Jahre 2025 50 elektrifizierte Autos haben. Doch jedes Elektroauto ist nur so nachhaltig, wie der Strom, den es tankt.“
Volkswagen-Konzern-Chef Matthias Müller stößt am Vorabend der IAA ins gleiche Horn. Volkswagen, Auslöser des Dieselskandals, gibt sich auf der Frankfurter IAA reumütig und kämpferisch zugleich. „Die Zeiten, in denen sich unsere Branche hier in Frankfurt selbst gefeiert hat, sind vorbei“, räumt Müller ein, „wir müssen Vertrauen der Kunden zurückgewinnen. Wir haben verstanden und werden liefern. Der moderne Diesel ist nicht das Problem, sondern Teil der Lösung.“ 2025 soll jedes vierte Fahrzeug aus dem Volkswagen-Konzern rein elektrisch fahren – das wären rund drei Millionen Fahrzeuge. Dafür sollen innerhalb der nächsten acht Jahre insgesamt 80 neue, elektrifizierte Modelle – 50 E-Fahrzeuge und 30 Plug-In-Hybriden – auf die internationalen Märkte rollen. Diese Ankündigungen klingen gut; wirken aber etwas angestrengt für einen längst überfälligen Befreiungsschlag am rechten Ort.
Dabei sind in Zeiten zunehmender Digitalisierung die Messen immer mehr unter Druck. Da machen die weltweiten Automessen – gerade in Europa – keine Ausnahme. Auch wenn viele renommierte Importeure fehlen; die deutschen Hersteller lassen auf ihre alle zwei Jahre stattfindende Heimmesse in Frankfurt nichts kommen. Sie ballern neben markigen Sprüchen die Neuheiten nur so raus – als hätte es Dieselskandal und blinden Elektrowahn nie gegeben.
Smart wird elektrisch
Einen ungewöhnlichen Frühstart gab es bei BMW, die auf der 67. IAA so viele Neuheiten präsentieren, wie noch nie zuvor. Bereits am Sonntagabend fand hier die TED-Konferenz statt, wo Kreativköpfe aus aller Welt ihre innovativen Ideen für die Mobilität von übermorgen vorstellten. Doch es ging auf der rot illuminierten Showbühne nicht allein um Mobilitätskonzepte, PET-Fahrzeuge aus dem 3-D-Drucker oder Carsharing der Zukunft. „Die zahlreichen Wettbewerbsbeiträge und die intensive Diskussion in der Community zeigen uns, wie sehr das Thema Mobilität die kreativen Köpfe in aller Welt bewegt und inspiriert“, erklärt Hildegard Wortmann, Leitung Marke BMW. In der BMW-Halle 11 konnten die Teilnehmer der TED-Konferenz bereits einen Blick auf die meisten BMW-Neuheiten werfen. So gab es nicht nur die blass aufgefrischten Modelle BMW i3 / i3s zu sehen, sondern auf die seriennahen Konzeptstudien Z4, 8er Coupé und besonders den X7, mit dem die Bayern mit großer Verspätung Konkurrenzmodellen wie Range Rover, Mercedes GLS oder Cadillac Escalade hinterhereilen werden. Ebenfalls erstmals offiziell zu bestaunen: der sehr schicke BMW X3 und der nur schwer ins Produktportfolio einzuordnende BMW 6er GT, Nachfolger des 5er GT.
Während BMW schon zwei Tage vor dem Messestart Vollgas ging, legt die Konkurrenz am Montagabend nach. Mercedes enthüllt vor rund geladenen 1.000 Besuchern sein AMG Project One; einen Hypersportwagen mit Formel-1-Technik. Die 275 Modelle sind bereits komplett ausverkauft und es überrascht nicht, dass der Rennwagen für die Straße mit seinen über 1.000 PS einer der Stars auf der IAA wird. Besser kann eine Marke wie AMG ihren 50. Geburtstag kaum feiern. Mehr denn je, wenn Formel-1-Weltmeister Lewis Hamilton das erste Hypercar aus dem Hause Daimler auf die Bühne fährt.
Das macht das Leben noch schwerer für den Mercedes GLC Fuel Cell. Auf der Messe dreht sich alles um effizientere Diesel und Benziner sowie Elektroantriebe, denen mit immer besserer Akkutechnik die Reichweitenangst ausgetrieben wurde. Da ist kein Platz mehr für die nicht enden wollende Brennstoffzellengeschichte. Da tut sich Smart schon leichter. Nach langem hin und her ist es endlich offiziell. Ab 2020 soll die Kleinstwagenmarke aus dem Hause Daimler zur reinen Elektromarke werden. Nicht nur elektrisch, sondern auch ohne Lenkrad und Pedale rollt zum Beweis der Smart Vision EQ Fortwo auf die Bühne – eine rollende Mitfahrzentrale des Jahre 2030 – vollautonom und auf Wunsch sogar zu teilen.
Vollautonom ist auch der Audi Aicon unterwegs. Die 5,44 Meter lange Zukunftsstudie verzichtet im Jahre 2030 ebenfalls auf Lenkrad oder eine Pedalerie. Der visionäre Aicon hat zwar ähnliche Außenabmessungen wie der aktuelle A8, fühlt sich im Innenraum jedoch wie ein überdimensionales Wohnzimmer an. Die Bedienung des Audi Aicon ist per Touch und Blickkontakt einfach und zugleich innovativ. Für den nötigen Reisekomfort sorgen unter anderem eine spezielle Luftfederung und Aktuatoren, die etwaige Seitenneigungen der Karosserie ausgleichen. Vier Elektromotoren treiben den Koloss mit einer Leistung von 260 kW / 354 PS und einem maximalen Drehmoment von 550 Nm an. Wer nicht bis 2030 warten will, kann sich zum Beispiel auf die neue Elektrofamilie von Volkswagen freuen, die den Namen I.D. trägt. Star in Frankfurt: der elektrische SUV-Crossover namens I.D. Crozz – eng mit dem Skoda Vision E verwandt. Beide leisten maximal 226 kW / 306 PS und haben eine Reichweite von bis zu 500 Kilometern.
press-inform, wg/ap