Elektromobiltät im Fokus – Fuell Cell Experiment Bergen – Bozen
Elektromobiltät im Fokus – Fuell Cell Experiment Bergen – Bozen. Mutig, vielleicht mutiger als sie eigentlich sein wollten: Hyundai hatte zu 2500 Kilometer abgasfreien Fahrens mit dem Elektroauto Hyundai ix35 Fuel Cell vom norwegischen Bergen bis ins norditalienische Bozen gerufen. Sieben Fahrzeuge und Begleitung sollten die Theorie hinter sich lassen und mitten in die Praxis mit der Brennstoffzelle als Energiequelle eintauchen: Was erlebt heute ein Mensch, der sich privat für einen Personenwagen mit Brennstoffzelle begeistert. Es wurde ein erhellendes Erlebnis, angesiedelt zwischen ermutigend und frustrierend.
Die Tour begann mit einem Höhepunkt auf dem Berg Floyen mit Blick auf Bergen und den Hafen. Bürgermeister Marte Persen reklamierte erst einmal einen Weltrekord für seine Stadt: Mehr als 30 Prozent der dort neu zugelassenen Personenwagen fahren elektrisch, also ohne Geräusch und vor allem ohne Abgas. Fahrzeuge mit Brennstoffzellen können nur wenige darunter sein, denn Bergen baut gerade seine beiden ersten Wasserstoff-Tankstellen.
Keine Mehrwertsteuer und freie Fahrt auf Autobahnen
Immerhin. Welche heimische Stadt mit rund einer viertel Million Einwohner könnte heute von sich ähnliches sagen? Nun leben die Norweger mit einer glücklichen Situation, die uns erst gegen Ende unserer Tour durch halb Europa wieder begegnen sollte: Hier stammt der Strom aus Wasserkraft, ist sauber und damit sogar „grüner“ als Strom aus Windkraft. Grüner Strom also der für die Wasserstoffelektrolyse unverzichtbar für eine akzeptable Ökobilanz dieser Technologie ist.
Da bleiben nur Wasser, Wind und Sonne als Energielieferanten. Norwegen mit seinen Einnahmen aus der Erdölförderung legt sogar noch Geld drauf, wenn jemand ein Elektroauto kauft. Zum Beispiel für einen Volkswagen E-Golf verzichtet der Staat auf rund 8500 Euro Steuer. Außerdem werden für Elektroautos keine Autobahngebühren kassiert, Busspuren sind für sie ebenso frei wie kommunale Parkplätze. Auch Fähren bieten oft kostenfreie Passagen.
Wasserstoff oder Batterie Power?
Gleich bei der ersten Etappe quer über die Berge an Norwegens Ostküste spielte der Hyundai ix35 Fuel Cell seine Überlegenheit gegenüber den batterieelektrischen Fahrzeugen gnadenlos aus: die Reichweite. Bis zur Tankstelle kurz vor der Hafenstadt Larvik lagen mehr als 400 traumhaft schöne Kilometer. Bei der vorgeschriebenen Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h fanden wir Gelegenheit genug, die Rolle der Geschwindigkeit beim Verbrauch zu diskutieren. Dabei kamen wir zu folgendem Ergebnis: Wer sich für einen Antrieb mit Brennstoffzelle entscheidet wird vermutlich nicht der Kategorie der Raser zuzurechnen sein. Mit Autobahn-Richtgeschwindigkeit 130 und der Einstellung des Eco sollte man zwar nicht mit der theoretischen Reichweite von über 500 Kilometern rechnen, sondern mit maximal 490 Kilometern. Diese Erfahrung bestätigte sich über die gesamten 2500 Kilometer.
Sorfältige Planung für lange Touren
Auf Norwegen folgte mit Dänemark ein Land, in dem nicht ganz so viel Milch und Honig für den Elektroantrieb fließen. Aber immerhin hat es kein Däne weiter als 50 Kilometer bis zur nächsten Wasserstoff-Tankstelle. Uns scheinbar ewig Gestrigen, die wir mit Benzin und Diesel verwöhnt sind, scheint das viel. Aber die schnellen Technologiefreunde, die der Marketingmensch heute „early adoptern“ nennt, nehmen so etwas in Kauf. Die Dänen decken mit 15 Wasserstoff-Tankstellen das gesamte Reich ab. In Deutschland muss sich der Privatkäufer etwa mit derselben Anzahl frei zugänglicher Wasserstoff-Zapfstellen für das komplette Land begnügen. Und hierzulande sind es momentan vier, zwei weitere folgen heuer noch. Das setzt wohl sorgfältige Planung für die Langstrecke oder den Verzicht auf lange Touren voraus.
Zur Planung braucht es aber auch Planungssicherheit. Unsere Erfahrung mahnt zur Vorsicht. Zwischen Bergen und Bozen brauchten wir also sieben Tankfüllungen und mussten sechs Tankvorgänge erledigen. Die drei in Deutschland liefen alles andere als glatt. Das führte direkt zu der Frage eines Kollegen, ob bei dem aktuellen Ausbauprogramm auf 50 Stationen in Deutschland auch daran gedacht sei, die alten auszutauschen. Die Antwort der Tankstellen-Betreiber ließ wenig Hoffnung.
Die Wasserstoffinsel München
Wie heute schon bei den Fuhrparks mit Tankstelle für die eigenen Wasserstoff-Autos werden Inseln der Nutzung entstehen, deren Größe sich aus dem Aktionsradius der Autos ergibt. Eine solche Insel besuchten wir in München mit seinen zur Zeit drei Wasserstoff-Tankstellen und zwei weiteren im Bau befindlichen. Schon diese Zahlen lassen die bayerische Landeshauptstadt zu einer Art Leuchtturm für Wasserstoff-Technologie werden.
Hier versucht eine Tochtergesellschaft des Linde-Konzern auf der Reichweite der Brennstoffzellen-ix35 ein Geschäftsmodell für Car Sharing aufzubauen. Nicht für den schnellen Trip in die Innenstadt, sondern eher für den Wochenendausflug wollen sie Kunden gewinnen. Mit 50 Hyundai ix35 Fuel Cell will man es unter der Marke „Bee Zero“ versuchen. Hyundai kann’s recht sein, auf diese Weise mögliche Käufer an das Thema heranzuführen.
Green Energy auch in Tirol
In Innsbruck erlebten wir die Eröffnung samt Durchschneiden eines grünen Bandes des „Green Energy Centers“, einer Privatinitiative, deren Initiator Dr. Ernst Fleischhauer ganz große Worte fand: „Wir schreiben Weltgeschichte in Sachen Elektromobilität“, sagte er und meinte den sogenannten grünen Korridor von München über Innsbruck nach Bozen. In Bozen endet letztendlich die Tour mitten im grünen Korridor bei H2, einem Institut für Innovative Technologien, das mit privater und öffentlicher Beteiligung die nachhaltige Entwicklung der Provinz Bozen nachhaltig entwickeln soll.
Überschüssigen Strom nutzen
Nun wie geht’s weiter? Unser Wegbegleiter der Hyundai ix35 Fuel Cell ist ein SUV, das seine Premiere 2013 erlebte. Die nächste Geberation mit Brennstoffzellen ist für 2018 angekündigt, 2020 will Hyundai zwei Wasserstoff-Modelle auf dem Markt haben, die in größeren Stückzahlen als der ix35 Fuel Cell gebaut werden sollen. Bis dahin wird die Brennstoffzellen-Technologie höhere Reichweiten und die größere Produktion vielleicht auch schon Preise erlauben, die sich weniger deutlich die von herkömmlichen Modellen unterscheiden.
Doch der Vorteil der größeren Reichweite wird aber auch gleichzeitig schwinden, denn die nächste Batteriegeneration wird eine deutlich größere Energiedichte aufweisen. Außerdem hat die hohe Politik hierzulande gemeinsam mit dem Verbund beschlossen, in den Aufbau von Ladestationen zu investieren. Ein Umdenken zugunsten des Wasserstoffs könnte vorerst bei unseren deutschen Nachbarn in der Luft liegen, wenn deutlicher wird, dass Wasserstoff die zusätzliche Chance bietet, überschüssigen Strom zu nutzen, statt ihn über die Grenzen hinweg zu verschleudern.
Viele Pfeile im Köcher haben
Wie es scheint wird es keine Entscheidung für ein einziges System geben. Die Automobilhersteller müssen sich darauf einstellen, dass jeder Markt und jeder Kunde eine andere Entscheidung treffen wird. Hyundai ist beim Wasserstoff schon dabei. Jetzt geht das Unternehmen den nächsten Schritt und stellt den Ioniq vor. Man folgt also der Einsicht, dass ein Hersteller viele Pfeile im Köcher haben muss. Es wird ihn deshalb also als Hybrid und als Plug-in-Hybrid aber auch als reinen Electric geben.
Conclusio zum Thema
Der mühsame und lange Weg vom norwegischen Bergen bis nach Südtirol hat uns einiges gezeigt. Die Brennstoffzellen-Technologie wird sich weiter verbessern, obwohl sie heute schon gut funktioniert und zuverlässig ist. Anders sieht es beim Tanken aus. Solange die Tankstellendichte nicht ausreicht, ist die Langstrecke mit Risiken verbunden. Die Erfahrung dieser Reise lehrte, dass das eine Frage der Zeit sein wird. Unsere Tour hat uns auch gelehrt, dass Insellösungen sinnvoll sein können. Lokale Erzeugung von Wasserstoff mit Hilfe von nachhaltig erzeugtem Strom, die Betreibung von lokalen Flotten – beides unterstützt durch Steuergelder – hält das Geld in der Region und deren Luft rein. Das ökologische Do-it-Yourself könnte ökonomisch viel sinnvoller sein als es den Mineralöl- oder Gas-Riesen lieb sein wird. Es gibt diesbezüglich also viel zu bedenken und last but not least eine Bitte an die gesamte heimische Politik: durchstarten bitte nicht vergessen.