Elon Musk, der Zahlenjongleur
Er hat es wieder gemacht, Elon Musk, der Glamourboy und Zahlenjongleur der amerikanischen Wirtschaft. Und angeblich der reichste Mensch der Welt. Er hat für seinen Elektroautokonzern Tesla soeben den Jahresabschluss 2021 veröffentlicht. Ergebnis: 5,5 Milliarden Dollar Gewinn. Die Anleger jubeln, die Presse auch.
Wer sich aber die Bilanz genau anschaut, der bekommt Zweifel. Nämlich, dass der Gewinn tatsächlich aus dem Autobau und dem Autoverkauf kommt. Denn es ist nicht nur so, dass sich in den 5,5 Milliarden Dollar Gewinn auch knapp 1,5 Milliarden Dollar Einnahmen stecken, die gar nichts mit dem trivialen Bau von Autos zu tun haben. Diese Summe sind so genannte „regulatory credits“. Mithin Einnahmen, die aus dem Verkauf von Verschmutzungsrechten an Konkurrenten resultieren, die keine oder wenig Elektroautos im Angebot haben.
Geschönte Bilanz?
Diese „credits“ werden vom US-Staat an jene Hersteller verschenkt, die nur oder teilweise Elektroautos verkaufen, die sich also für den Umweltschutz engagieren. Wer keine oder zu wenig davon im Modellprogramm hat, muss an den Staat Verschmutzungsstrafen blechen. Und da es nach US-Regeln legal ist, diese „credits“ an Konkurrenten zu verkaufen, macht Tesla genau das. Auch, um die Bilanz aufzuhübschen. Und die Käufer sind dankbar dafür, dass es diese Möglichkeit gibt, weil sie dadurch ihre Strafzahlungen reduzieren können.
Elon Musk, Schlitzohr und Zahlenjongleur
Muskgeht in seinem Zahlenwerk für das Geschäftsjahr 2021 bei einem anderen Punkt sogar noch einen Schritt weiter. Er führt dort unter dem Rubrum „assets“ (Vermögenswerte) auch Einnahmen auf, die noch gar nicht in der Kasse klimpern. Das Stichwort dafür heißt „accounts receivable“, also „erwartete Einnahmen“. Und die summieren sich in der Bilanz 2021 von Quartal zu Quartal auf – man glaubt es kaum – 7,9 Milliarden Dollar. Legt man deutsche Maßstäbe an, etwa jene eines „ehrbaren Kaufmanns“, dann müssten diese Zahlen einen Unternehmer um den Schlaf bringen.
Diese „Einnahmen“ zu bilanzieren, ist nach US-Rechnungslegung offenbar legal, sonst würde Tesla es nicht tun. Aber kann man angesichts dieser Zahlen tatsächlich Beifall klatschen, dass Tesla es allen Erz-Konkurrenten mal wieder gezeigt hat? Allen, die immer noch größtenteils die angeblich verhassten Stinker verkaufen? Und die Frage ist vor allem, ist Tesla nach einem Jahrzehnt der roten Zahlen nun tatsächlich profitabel im Geschäft Auto gegen Geld? Die Musk-Gläubigen, die an den Lippen des Zahlenjongleurs hängen, sind offenbar komplett kritiklos. Sie kaufen weiter Aktien und setzten darauf, dass es der große Macker schon richten wird.
aum/Harald Kaiser