Espenlaub, Tops, Flops & der erste Passat
Autor Hanns-Peter Thyssen von Bornemisza ist ein Journalist und Fachbuchautor. Ältere Kollegen kennen ihn unter dem Namen Hanns-Peter Rosellen. Der 1941 geborene Hamburger war Redakteur bei folgenden Blättern: „Deutsche Auto-Zeitung“, der heutigen „Auto-Zeitung“, „Die Welt“, „Welt am Sonntag“ und „Bunte“, zuletzt als geschäftsführender Redakteur. Seine Recherchen führten nicht nur zu Fachbüchern, sondern auch zu vielen Anekdoten aus den Jahren, als das Auto wieder laufen lernte.
Wer im Autobereich das Wort Passat hört, denkt automatisch an das Mittelklasse-Modell von Volkswagen. Doch schon einige Jahrzehnte früher als 1973, als Volkswagen seinen ersten Passat zeigte, gab es ein Automodell dieses Namens, die allerdings nie aus ihren Kinderschuhen herauskam.
Der deutsche Ingenieur Kurt Faust in Krefeld beschäftigte sich nämlich seit 1945 mit dem Bau von Traktoren und Motorräder – meist aus Schrott-Teilen. Mitte 1952 hatte Faust einen 3,60 m langen Kleinwagen entwickelt und der Öffentlichkeit gezeigt, den er „Passat“ nannte. Dazu gründete er das Passat-Werk in Gelsenkirchen.
Coupe in Pontonform
Es war ein Coupé in moderner Pontonform mit vom Kühlergrill eingeschlossenen, dicht beieinander stehenden und ganz tief liegenden Scheinwerfern und einem lang auslaufenden Heck mit aufgesetzten Rückleuchten – im Stil der späteren Borgward Isabella ähnlich. Die Karosserie aus Aluminiumblech saß auf einem Stahlrohrrahmen und hatte vorn angeschlagene Türen mit versenkten Griffen.
Die Sitzbank war 1,40 m breit. Im Innenraum sollten drei Personen nebeneinander Platz finden, wobei der mittlere Sitz etwas zurückversetzt lag. Im Heck saß ein 600 ccm- Triebwerk – vermutlich Marke Zündapp -, das über ein Drei-Gang-Getriebe die Hinterräder antrieb, die an Torsionsstäben hingen. Die Höchstgeschwindigkeit wurde mit 90 km/h angegeben.
Einzelstück eines Kaufmann
Das Interesse der Bevölkerung schwemmte Faust so viele Anfragen zu, dass er glaubte, innerhalb kurzer Zeit eine Serienproduktion aufziehen zu können. Doch die Entwicklung ging nicht weiter, es fehlte an Geld. Der Passat blieb ein Einzelstück. Da Kurt Faust aber noch alte Schuldner auf den Fersen saßen, hatte er sich mit dem Kaufmann Heinz Elschenbroich zusammengetan, der vorerst nach außen hin als Inhaber des Passat-Werks galt. Die Stadt Gelsenkirchen im Ruhrgebiet hatte den beiden Autobastlern angeblich ein Grundstück zur Verfügung gestellt, wo in den folgenden Monaten der „Passat“ und der neu entwickelte Kleinwagen „Aeolus“ in Serie gebaut werden sollten. Der Verkaufspreis des Wagens stand auch schon fest: 3600 Mark.
Das letzte Foto zeigte den Passat mit Rechtslenker. So ist er allerdings nie gebaut worden. Der Autor nimmt an, dass vom Foto ein seitenverkehrter Abzug gemacht wurde. Dass die Marke nicht in Vergessenheit geriet, ist Romanus Müthing zu verdanken. Er war Landmaschinenvertreter im Sauerland und wollte seine Ersparnisse in einer Autovertretung anlegen. So bewarb er sich als Händler, wurde auch akzeptiert, musste dafür allerdings rund 4000 Mark hinlegen. Auch das Vorführmodell bezahlte er damals schon – allerdings ohne es jemals zu bekommen. Quelle Romanus Müthing
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