EU: ab 2035 keine neuen Verbrenner
Wie erwartet befand die EU im Plenum des EU-Parlaments mehrheitlich, dass ab 2035 keine neuen Verbrenner mehr zugelassen werden sollen. Betrifft Pkw und leichte Nutzfahrzeuge mit Verbrennungsmotor. Bis 2030 sollen außerdem die CO2-Emissionen von Neufahrzeugen um rund die Hälfte sinken. Allerdings nicht gerade mit überwältigender Mehrheit. Die Entscheidung lautete 340 Ja- zu 279 Nein-Stimmen.
Eine fragwürdige Entscheidung, ist doch etwa alleine in Deutschland ein aktueller Fahrzeugbestand von rund 46 Millionen Pkw evident. Und eine vertane Chance der EU, eine Bresche für synthetische e-Fuels zu schlagen, mit denen der vorhandene Bestand klimaneutral zu betreiben wäre.
Das Hintertürchen der Politik – die klimaneutralen Kraftstoffe 2026 noch einmal auf den Prüfstand stellen – bleibt trotz der Entscheidung offen.
Was steckt dahinter?
Prof. Thomas Koch vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) ordnet den Beschluss ein. Hier Fragen und die Antworten des Spezialisten zur Situation.
Professor Koch, jetzt hat sich auch das EU-Parlament für ein Verbot von Verbrennungsmotoren ab 2035 ausgesprochen. Hat sich damit an der Situation etwas geändert?
„Man hat eine politische Entscheidung getroffen, die schlicht aufgrund der aktuellen Mehrheitsverhältnisse so möglich war. Es findet aber spätestens 2026 eine Überprüfung dieses Beschlusses statt, das ist so festgeschrieben. Bis dahin verhindert die EU-Politik aber Alternativen wie etwa CO2-neutrale Kraftstoffe, die in anderen Ländern der Erde eine wichtige Rolle spielen, bewusst als Lösungsansatz für Pkw.“
Hat sich das EU-Parlament ausreichend mit der Thematik befasst?
„Es wird behauptet, dass die Entscheidung aus Klimaschutzgründen notwendig sei. Das ist aber ein vorgeschobenes, nicht belastbares Argument. Viele hundert Wissenschaftler haben die EU-Kommission und das EU-Parlament angeschrieben und wiederholt aufgeklärt. Damit sie nicht auf einen Bilanzbetrug, der insbesondere von den bekannten NGOs wie Transport & Environment oder Greenpeace begangen wird, hereinfallen.“
Da wurde falsch gerechnet?
„Es wird schlicht mit total falschen Zahlen agiert. Die Energiefachleute und Bilanzexperten haben aber darauf hingewiesen. Und genau erläutert, dass eine CO2-Einsparung per Elektromobilität in vielen Ländern Europas überhaupt nicht erreichbar ist. So verstößt die EU-Strategie mindestens fahrlässig gegen die Empfehlung des Weltklimarates, das CO2-Restbudget der Menschheit zu schonen.
Denn mit dem schnellen Ausbau der Elektromobilität durch Infrastrukturaufbau, Produktion und Betrieb der Fahrzeuge fallen sogar erhöhte CO2-Emissionen an. Dass es in Wahrheit gar nicht um diese Emissionen geht, erkennt man daran, dass sogar ein Wasserstoffmotor, mit grünem Wasserstoff aus nachhaltigem Überschuss-Strom, im Fahrzeugsegment bis 3,5 Tonnen nicht berücksichtigt ist.“
Womit ist zu rechnen, wenn man die aktuellen Entscheidungen nicht korrigiert?
„Es kommt zunächst zu Kollateralschäden größeren Ausmaßes. Viele europäische Firmen und Zulieferer werden den Betrieb einstellen, ins Ausland verlagern oder zumindest Arbeitsplätze abbauen. Chinesische Firmen fassen dann beschleunigt Fuß und bauen mit attraktiven Hybridmodellen ihren Marktanteil aus.“
Wird Europa das hinnehmen?
„Ich glaube, dass die EU diesen Prozess irgendwann erkennt und dann auch Gegenmaßnahmen einleitet. Aber der Schaden ist dann angerichtet. Der Verlust unserer jahrzehntealten Technologieführerschaft ist schon heute nicht mehr umkehrbar. Und die gegenwärtigen Entscheidungen und Bekräftigungen verschärfen nur das Problem.“
Was bedeutet das für den Autofahrer?
„Es werden vor allem die Bevölkerungsanteile mit kleinem Portemonnaie leiden. Einstiegsfahrzeuge sind schon jetzt teuer, der Betrieb ist außerdem immer kostenintensiver. Offensichtlich handelt es sich bei den Aktionen nicht um ein Umweltschutzprogramm. Sondern um einen Angriff auf die individuelle Mobilität.“
Einmal mehr bleibt abzuwarten, ob der Beschluss der EU, ab 2035 keine neuen Verbrenner mehr zuzulassen in der Realität sinnvoll exekutierbar ist.
(jm/cen)