Ford Edge: Ab Juni in Europa
Nach dem Mustang im vergangenen Jahr schickt Ford ein zweites US-Modell über den Atlantik: Ab Juni wird auch in Europa der Edge eingeführt, den es in Nordamerika bereits seit 2007 gibt. Die zweite Modellgeneration rundet die SUV-Palette der Marke nach oben ab. Der 4.81 Meter lange Neuling positioniert sich gegen etablierte Konkurrenz wie den Audi Q5 und den Volvo XC60. Eines seiner Argumente ist das Preis-/Leistungsverhältnis, ein weiteres eine im Segment neuartige Technologie zur Geräuschreduzierung.
So wie sich Ford bei der Preisgestaltung zurückhält, tut es das Unternehmen leider auch bei der Leistung. Offensichtlich nicht zuletzt mit Blick auf den Verbrauch gibt es den Edge nur mit dem bereits aus anderen Baureihen bekannten 2.0 Liter-Diesel mit 180 PS oder als Biturbo mit 210 PS. Das beschert dem SUV auf dem Papier absolut akzeptable Normwerte von 5.8 bis 5.9 Liter und die Effizienzklasse A. Die Selbstzünder tun sich jedoch im wahrsten Sinne des Wortes ein wenig schwer mit den über 1.9 Tonnen Fahrzeuggewicht. Beide Motoren verrichten ihre Arbeit untern Strich brav, aber eben nicht berauschend.
Die Einstiegsvariante liefert 400 Newtonmeter Drehmoment, die das SUV in 9.9 Sekunden auf Tempo 100 beschleunigen. Zum Vergleich: Ein kompakter Fiat Tipo mit 120 Diesel-PS beispielsweise schafft das zwei Zehntel Sekunden schneller. Die 30 Mehr-PS des Biturbo sind kein Quantensprung, aber er kann natürlich alles ein bisschen flotter. Er benötigt eine halbe Sekunde weniger für den Standardsprint auf Tempo 100 und ist 11 km/h schneller, aber trotz seiner 50 Newtonmeter mehr Drehmoment hat auch er kein leichtes Spiel, zumal er noch ein paar Pfunde mehr zu schleppen hat. Auch der S-Modus des optional bestellbaren Sechs-Gang-Doppelkupplungsgetriebes reißt im doppelten Sinne des Wortes nicht wirklich mit. Den 2.7 Liter-V6-Benziner mit rund 300 PS enthält Ford der europäischen Kunden leider vor. Dass derlei ökologische Zurückhaltung nicht unbedingt sein muss, beweist der Mustang. Der Großteil der deutschen Käufer ordert den Sportwagen mit dem standesgemäßen V8 unter der Haube.
Leichtbau hatte sich Ford noch nie auf die Fahne geschrieben. Dafür darf die Marke für sich in Anspruch nehmen, mit dem Edge ein besonders leises Fahrzeug geschaffen zu haben. Zu den Scheiben aus Schall schluckendem Akustikglas kommt noch eine einzigartige Technologie: Die Actice Noise Control eliminiert mittels nicht wahrnehmbaren Gegenfrequenzen aus der Audioanlage störende Geräusche, die von drei Mikrofonen im Fahrzeuginnenraum erfasst werden. Und das Ergebnis kann sich wirklich „hören“ lassen: Hier fährt ein echter Leisetreter.
Bei den Assistenzsystemen zeigt sich der Edge auf der Höhe der Zeit. Die verfügbaren Fahrhilfen reichen vom aktiven Spurhalteassistenten über ein automatisches Notbremssystem mit Fußgängererkennung und eine gut funktionierende Verkehrszeichenerkennung bis hin zur Frontkamera mit dreigeteiltem 180-Grad-Blickwinkel für schlecht einsehbare Querstraßen sowie einem Parkpiloten auch für Querlücken. Auf den beiden hinteren äußeren Sitzen finden sich Gurtairbags, die den Torso bei einem Aufprall besser abfedern. Weniger Mühe haben sich die Entwickler bei der elektrischen Heckklappe gegeben. Sie lässt sich zwar per Fußbewegung öffnen, macht beim Heruntergleiten aber nicht vor im Weg stehenden Hindernissen halt.
Der Edge fährt in allen drei Ausstattungsversionen serienmäßig mit bedarfsgesteuertem Allradantrieb vor. Bei normalen Straßenverhältnissen ist er mit reinem Frontantrieb unterwegs. Bis zu 50 Prozent des Drehmoments kann die Elektronik aber blitzschnell automatisch auch an die Hinterachse schicken, die bei vorderem Schlupf notfalls auch den Antrieb alleine übernimmt. Mit 20.3 Zentimetern Bodenfreiheit kann sich der Amerikaner im Gelände gut halten.
Innen geht es geräumig und komfortabel zu. Das Material schmeichelt Augen und Händen, wenngleich sich mancher sicherlich etwas mehr Pepp bei der einfarbigen Mittelkonsole wünschen dürfte. Fahrer und Beifahrer thronen förmlich, die Sitze sind allerdings etwas breit geraten, so dass der Seitenhalt nicht optimal ausfällt. Mit bis zu zwei Tonnen Anhängelast und 602 bis 1847 Litern Kofferraumvolumen sowie einer maximalen Ladelänge von 1,92 Metern wird der Edge allen SUV-Ansprüchen in dieser Hinsicht voll und ganz gerecht.
Auch in der Ausstattungsversion Sport mit speziell abgestimmten Fahrwerk ist der Edge nicht zu hart gefedert und begeistert vor allem mit seiner adaptiven Lenkung, die je nach Geschwindigkeit das Übersetzungsverhältnis des Lenkeinschlags ändert. Das führt bei dynamischer Fahrweise zu einer sehr direkten Steuerung, die durch deutliche Rückstellmomente unterstützt wird.
jri/amp