HMI Test 2016 – Ablenkung im Auto

HMI Test 2016 – Ablenkung im Auto. Test der Top-Bediensysteme von Oberklasse-Fahrzeugen. Das Automobil, treuer und teils teurer Weggefährte, zu Blech gewordener Ausdruck der persönlichen Individualität oder einfach nur Mobilitätsgarant. All diesen Attributen gemein ist, dass viele Jahre der Entwicklungsarbeit von den Automobilherstellern und auch deren Zulieferern in genau diesem Automobil verpackt sind. Geschickt verpackt? Sind moderne Fahrzeuge mit deren zahlreichen Sensoren, Helferlein und nicht zuletzt an topaktuelle Smartphones erinnernden Eingabesystemen bei den Infotainment-Einbauten noch intuitiv bedienbar? Blicken wir Endverbraucher eigentlich noch durch bei diesem Bedien-Wirrwarr aus tippen, wischen, sprechen und nun auch noch Gestiken erkennenden Eingabemöglichkeiten?

Genau diesen Fragestellungen zur Ablenkung beim Fahren stellt sich die Audio Mobil in Zusammenarbeit mit dem Christian Doppler Labor für Contextual Interfaces der Uni Salzburg im Rahmen ihrer HMI-Testreihen. Mit dem kürzlich durchgeführten, insgesamt vierten, Testzyklus bewertete man das Ablenkungspotenzial moderner Infotainment-Systeme. Quer durch alle Baureihen ist man heuer wieder in der Oberklasse angelangt und hat der technologischen Speerspitze genauer auf den Zahn, auf die Mensch-Maschine-Schnittstelle, gefühlt. Zur Auswahl standen Fahrzeuge von Mercedes Benz, BMW und Volvo. Allesamt Fahrzeuge, die aus dem Vollen schöpfen, wenn es darum geht, die Konkurrenz im wahrsten Sinne „alt aussehen zu lassen“. Alle namhaften Automobilhersteller haben sich dem Test gestellt, an dieser kritischen Untersuchung teilnehmen.

Auf dem abgesperrten Testgelände der Audio Mobil wurden insgesamt 36 Probandinnen und Probanden nach einer kurzen Unterweisung im jeweiligen Fahrzeug platziert, um unter Beobachtung mitfahrender Wissenschaftler und einem ausgeklügelten Eye-Tracking-System verschiedene mehr oder weniger schwierige Aufgaben zu meistern. So wurde beispielsweise ein Navigationsziel eingegeben, ein Radiosender gesucht oder ganz simpel ein Telefonat über die Freisprecheinrichtung geführt. Allesamt Tätigkeiten, die vermutlich bereits jeder während der Fahrt erledigt hat. Bemerkenswert dabei sind die Ergebnisse: So haben die Wissenschaftler herausgefunden, dass die Spracheingabe nicht die bevorzugte Kommunikationsform zu unserem Fahrzeug ist, sondern lieber der integrierte Dreh-Drück-Steller in der Mittelkonsole bemüht wird. Auch die neue Möglichkeit der Gestensteuerung scheint bei den Testpersonen nicht den gewünschten Effekt hervorgerufen zu haben.

HMI Test IV
HMI Test IV

Allen Systemen gemein ist das teils beträchtliche Ablenkungsrisiko und die nachweisbare gedankliche Abwesenheit vom Straßengeschehen. „Wir wissen seit Beginn der HMI-Testreihe, dass es teils erhebliche Ablenkungspotenziale bei modernen Fahrzeugsystemen gibt. Das ist auch der Grund, weshalb wir diese Fahrzeug-Untersuchungen durchführen.

In Abstimmung mit den Experten des Christian-Doppler-Labors lassen wir eben diese Erkenntnisse in die Entwicklung neuer Infotainment-Systeme einfließen und versuchen so,
die Bediensicherheit in Fahrzeugen zu erhöhen.“ erklärt Thomas Stottan die Motivation der Audio Mobil hinter diesen Testreihen. „In den letzten Jahren haben wir zahlreiche alternative Zugänge zur Bediensymptomatik gefunden und können den Automobilherstellern damit eine fundierte Basis zur Gestaltung moderner Eingabesysteme liefern“ zeigt sich Stottan stolz über das bis dato gewonnene Wissen. Erste Erkenntnis aus dem letzten Fahrzeugtest ist, dass alle teilnehmenden Automobilhersteller inzwischen bemüht sind, den Nutzerbedarf mit cleveren Lösungen abzudecken. Auch das Bewusstsein zur Reduzierung des Ablenkungsverhaltens ist bei den Fahrzeugherstellern erkennbar.

Auf die Frage, wie man Bediensysteme letztlich sicherer gestalten kann, um das Ablenkungsrisiko zu minimieren, meint Stottan, „dass es eine Symbiose an verschiedenen
Interaktionsmöglichkeiten zum richtigen Zeitpunkt sein wird müssen – beispielsweise auch
mit situativer Funktionsunterdrückung – um dieses Thema nachhaltig risikofrei gestalten zu
können. Angesichts des dringenden Handlungsbedarfs wäre es zudem wünschenswert, wenn eine entsprechende Testumgebung unter Einbeziehung von öffentlichen Straßen zur Betrachtung dieses Kontexts im Hinblick auf teil- und vollautomatisiertes Fahren realisiert
werden könnte“ richtet Stottan einen Appell an die relevanten Entscheidungsträger und
meint weiter „dass Standards geschaffen werden sollen, die sich letztlich an den Menschen
orientieren und nicht an der Technik“. Die zunehmende Fahrzeugvernetzung und damit verbundene Sensoriken werden hoffentlich ihr Übriges dazu tun, um unser künftiges Mobilitätsverhalten sicherer zu gestalten. Neugierig geworden auf die Zukunft? In Ranshofen wird eifrig daran gearbeitet.