Im Rückspiegel -Vier BMW M3 schafften nicht die Serie
Im Rückspiegel -Vier BMW M3 schafften nicht die Serie. 1986 schlug BMW ein besonderes Kapitel auf, das mittlerweile vier Fortsetzungen gefunden hat: M3. Die Idee war zu Beginn gar nicht, einen voll alltagstauglichen Hochleistungssportwagen anzubieten, sondern die Basis für einen Rennwagen für die Deutsche Tourenwagenmeisterschaft zu schaffen. So half die damalige BMW Motorsport GmbH, aus der die M GmbH hervorging, bei der Entwicklung des ersten Modells vor 30 Jahren. Die Gruppe-A-Statuten besagten unter anderem, dass zur Homologation eines solchen Rennwagens innerhalb von zwölf Monaten mindestens 5000 Einheiten mit Straßenzulassung verkauft werden mussten.
Die Chance, die Entwicklung des Serien- und des Rennfahrzeugs zeitlich parallel voranzutreiben, gab den Entwicklern enorme Möglichkeiten, die sie optimal zu nutzen wussten. So waren Achskinematiken, Federung und Dämpfung ebenso optimal auf die späteren Anforderungen im Rennsport hin ausgelegt wie die Bremsanlage, die das serienmäßige ABS mit innenbelüfteten Bremsscheiben vorn und einer vom Motor angetriebenen Hochdruckpumpe kombinierte. Einen deutlichen Hinweis auf die konsequente Orientierung in Richtung Rennsport gaben auch Details wie das Schaltschema des Getriebes mit „links unten“ liegendem ersten Gang.
Als Basis für den Motor bediente sich die Motorsportabteilung des Zwei-Liter-Vierzylinders aus der Serienproduktion, dessen bauarttypisches geringes Gewicht und das hohe Drehvermögen optimale Voraussetzungen für einen Rennmotor darstellten. Um aber aus dem braven Alltagstriebwerk einen athletischen Sporttreibsatz zu machen, unterzogen sie ihn einer intensiven Kraftkur. Als erste Maßnahme vergrößerten sie den Hubraum auf 2,3 Liter, rüsteten ihn zudem auf Vierventilbetrieb um. Dafür bedienten sie sich des entsprechend modifizierten Zylinderkopfs des bereits aus dem BMW M1 bekannten Sechszylinders, dessen Brennräume passenderweise im exakt gleichen Abstand zueinander standen wie die des Vierzylinders. Der Kurbeltrieb des BMW M3 wurde so steif ausgelegt, dass er auch 10 000 Umdrehungen pro Minute und mehr vertragen konnte. Bei einer Nenndrehzahl von 6750 Touren für den Serienmotor blieb somit viel Spielraum für Ausbaustufen der Motorsportvariante.
Von Generation zu Generation wurde das Konzept weiterentwickelt und verfeinert. Vier Fahrzeuge kamen dabei aus verschiedenen Gründen nicht über das Prototypendasein hinaus. Als der BMW M3 der ersten Generation auf den Markt gebracht wurde, weckten seine herausragenden dynamischen Talente nicht nur bei den Kunden, sondern auch innerhalb der für dessen Entwicklung verantwortlichen Motorsportabteilung Begehrlichkeiten. Wäre er doch der perfekte Wagen für den standesgemäßen Transport von Arbeitsgerätschaften und Bauteilen auf dem Werksgelände der heutigen BMW M GmbH in München-Garching. Aus der Karosserie eines BMW 3er Cabriolets entstand 1986 ein M3 Pick-up. „Die Wahl für eine Cabrio-Rohkarosse als Basis fiel aus zwei Gründen“, erinnert sich Jakob Polschak, Leiter Fahrzeugmusterbau und Werkstätten bei BMW M und seit mehr als 40 Jahren im Unternehmen. „Zum einen hatten wir damals zufälligerweise ein solches Fahrzeug in intaktem Zustand zur Verfügung. Zum anderen eignete sich das Cabrio dank der bereits eingebauten Verstärkungen perfekt für einen Umbau zum Pick-up.“
Der Pritschenwagen verfügt nicht über die markanten ausgestellten Kotflügel des Originals, sondern trägt die schmale Karosserie des zivilen Großserien-Bruders. Unter der Haube kam zunächst der Motor des sogenannten „Italien-M3“ zum Einsatz, der wegen der dort geltenden Steuerbestimmungen auf zwei Liter Hubraum reduziert wurde und 192 PS leistete. „Zu einem späteren Zeitpunkt haben wir dann aber auf den originalen, 2,3 Liter großen Vierzylinder mit 200 PS umgerüstet“, verrät Polschak. Mehr als 26 Jahre verrichtete das Fahrzeug auf dem Werksgelände zuverlässig seinen Dienst, bis er vor vier Jahren in den wohlverdienten Ruhestand verabschiedet wurde.
1996 entstand aus der Idee, speziell jüngeren Kunden ein Einstiegsmodell in die M-Welt Fahrzeuge zu präsentieren. In gewisser Weise kann der M3 Compact als Urahn des heutigen BMW M2 gelten. Wäre es zu einer Serienfertigung gekommen, wäre die Leistung des M3-Motors höchstwahrscheinlich noch leicht gesenkt worden. In dem Prototyp aber durften die gesamten 321 PS zu Werke gehen, die mit dem nur 1,3 Tonnen schweren Fahrzeug leichtes Spiel hatten. „Er ist 150 Kilogramm leichter, agiler, straffer, kompromissloser“, zeigte sich das Fachmagazin „Auto, Motor und Sport“ (Ausgabe 13/1996) nach Testfahrten begeistert.
Auch der Prototyp des BMW M3 Touring ist das Ergebnis der Überlegungen zur Serienproduktion eines entsprechenden Modells. Anders als der M3 compact, der als Imageträger und zum Ausloten des Kundeninteresses unter anderem auch Journalisten für Testfahrten zur Verfügung gestellt wurde, diente der M3 Touring ausschließlich internen Zwecken. „Wir konnten mit diesem Prototyp zeigen, dass wir einen M3 Touring aus rein technischer Sicht weitgehend problemlos in die laufende Produktion des normalen BMW 3er Touring integrieren konnten“, erklärt Jakob Polschak. „Wichtig war unter anderem zu beweisen, dass wir die hinteren Türen des Serienmodells an die Breite der hinteren Radhäuser mit Nacharbeit anpassen konnten, ohne dafür neue, teure Werkzeuge zu benötigen.“ Nach dem Durchlauf in der Fertigungsstraße musste der Kombi nur in geringem Maß per Hand nachbearbeitet werden, um beispielsweise die M-spezifischen Anbauteile und Interieurdetails anzubringen.
Als der Pick-up der ersten Generation nach rund einem Vierteljahrhundert im Einsatz langsam doch anfing, erste ernsthafte Verschleißspuren zu zeigen, wurde es Zeit für einen Nachfolger. Wie schon bei der Premiere wählten die Verantwortlichen wegen der bereits vorhandenen Verstärkungen eine Cabrio-Karosserie. „Nachdem die Umbaumaßnahmen im Frühjahr 2011 zunächst ihren normalen, weitgehend unspektakulären Weg gingen, entstand plötzlich die Idee, das Fahrzeug für den bevorstehenden 1. April als entsprechenden ‚Scherz‘ zu verkaufen“, so Polschak. Zur Vorbereitung darauf tauchten im Vorfeld des Datums unter anderem Erlkönig-Fotos von Abstimmungsfahrten auf der Nürburgring-Nordschleife auf, die die Spekulationen um das vermeintlich geplante Serienmodell anheizten.
Mit Erfolg: Entsprechende Berichte jener Zeit zeigen, dass viele Journalisten und Blogger die Gerüchte ernst nahmen. Auch die am 1. April 2011 veröffentlichte offizielle Pressemitteilung klärte die Angelegenheit eher halbherzig auf, präsentierte den BMW M3 als „vierte Karosserievariante“ nach Limousine, Coupé und Cabrio. „309 kW / 420 PS unter der Motorhaube und bis zu 450 Kilogramm Nutzlast über der Hinterachse heben das für BMW M Automobile typische Verhältnis zwischen rennsportorientierter Fahrfreude und Alltagstauglichkeit in eine ganz neue Dimension“, hieß es weiter. Auch wurde darauf hingewiesen, dass der cW-Wert nur knapp über dem des BMW M3 Coupé liege, der Wagen 50 Kilogramm leichter sei als das Cabrio und sich durch Herausnehmen des 20 Kilogramm schweren Targadachs zur zusätzlichen Optimierung der Fahrdynamik der Schwerpunkt weiter senken lasse. Erst im letzten Absatz folgt der dezente Hinweis, dass es sich um ein Einzelstück für den Einsatz als Werkstatt-Transportfahrzeug handele – das aber im Gegensatz zu seinem Vorgänger sogar über eine Straßenzulassung verfüge.
Der BMW M3 selbst trat seinen Siegeszug vor 30 Jahren mit 147 kW / 200 PS an. Die beschleunigten den nur 1200 Kilogramm schweren Wagen in 6,7 Sekunden aus dem Stand auf 100 km/h und bis auf eine Höchstgeschwindigkeit von 235 km/h. Nochmals leistungsstärker präsentierte sich ab 1988 die Evo-Version, die mit 220 PS bis zu 243 km/h schnell sein konnte. Und 1990 kam dann die maximale Ausbaustufe der ersten Modellgeneration auf den Markt: der auf 600 Exemplare limitierte BMW M3 Sport Evolution mit 238 PS starkem 2,5-Liter-Motor.
Die zweite, nicht speziell auf den Einsatz im Motorsport hin entwickelte Generation des BMW M3 trat ab 1992 deutlich dezenter auf. Mit seinem 210 kW / 286 PS starken Dreiliter-Sechszylinder-Motor inklusive der neuartigen Nockenwellensteuerung Vanos, der ein maximales Drehmoment von 320 Newtonmeter auf die Kurbelwelle wuchtete, stellte er zwei Weltrekorde auf: für die höchste Literleistung (97 PS/l) und das größte spezifische Drehmoment (108 Nm/l) eines Großserien-Saugmotors.
Im Rahmen einer umfangreichen Modellpflege wuchs der Hubraum des Reihen-Sechszylinders im Jahr 1995 von 2990 auf 3201 Kubikzentimeter, die Leistung stieg auf 236 kW / 321 PS. Außerdem verfügte der neue Motor über Doppel-Vanos, also neben einer stufenlos verstellbaren Einlass- auch über eine vollvariable Auslass-Nockenwellensteuerung. Als erstes Großserien-Fahrzeug stand für den BMW M3 ab Sommer 1996 auch ein automatisiertes Schaltgetriebe zur Wahl, das sogenannte SMG-Getriebe.
Dank Aluminium-Motorhaube mit Powerdome, den deutlich verbreiterten Radhäusern, dem aerodynamisch optimierten Gepäckraumdeckel inklusive Heckspoilerlippe und auch den vier Endrohren der doppelflutigen Abgasanlage trat der BMW M3 der dritten Generation ab 2000 optisch wieder deutlich markanter auf. Als Antrieb diente erneut ein Reihen-Sechszylinder-Saugmotor. Das komplett neu entwickelte Triebwerk schöpfte aus 3246 Kubikzentimetern eine Leistung von 252 kW / 343 PS und ein maximales Drehmoment von 365 Newtonmeter.
Statt mit Reihen-Sechszylinder wie die beiden vorangegangenen Generationen hatte die 2007 vorgestellte vierte Auflage des BMW M3 einen nach Hochdrehzahlkonzept arbeitenden V8-Saugmotor mit 309 kW / 420 PS unter der Haube. Zu den umfangreichen Maßnahmen in puncto Intelligenter Leichtbau zählten unter anderem das serienmäßige CFK-Dach und die fast komplett aus Aluminium gefertigte Vorderachse.
Die aktuelle fünfte Generation des BMW M3 kam im Frühjahr 2014 auf den Markt. Analog zur geänderten Nomenklatur der Serienmodelle heißt nur noch die viertürige Limousine M3, das Coupé und das Cabrio tragen die Modellbezeichnung M4. In allen drei Karosserievarianten sorgt ein Reihen-Sechszylinder-Motor mit Twin-Turbo, Hochdrehzahlkonzept und 317 kW/431 PS für Vortrieb. Konsequente intelligente Leichtbaumaßnahmen umfassen unter anderem den umfangreichen Einsatz von leichten Materialien wie kohlenstofffaserverstärktem Kunststoff und Aluminium für zahlreiche Fahrwerks- und Karosseriekomponenten. Die dadurch erzielte Gewichtsersparnis gegenüber dem Vorgänger beträgt rund 80 Kilogramm.
Als besondere Hommage an die 30-jährige Erfolgsgeschichte des BMW M3 legte die BMW M GmbH in diesem Sommer eine exklusive, weltweit auf 500 Einheiten limitierte Sonderedition auf: den BMW M3 „30 Jahre M3“. Mit seiner Außenfarbe Macaoblau metallic schlägt er die Brücke zur ersten Generation des BMW M3, für den dieser Farbton einst erstmals angeboten wurde. Dank des im Lieferumfang enthaltenen Competition-Pakets – inklusive umfangreicher Modifikationen im Antrieb- und Fahrwerksbereich – wächst die Motorleistung des Jubiläumsmodells um 14 kW / 19 PS auf 331 kW / 450 PS.
jri/amp