Interview mit Fritz Indra
Das berühmte Motorensymposium, das Anfang des Monats in Wien stattfand, stand im Zeichen weiterer Verbesserungen des Verbrennungsmotors; die regulatorischen Ansprüche haben kreative Kräfte freigesetzt. Wir sprachen mit Prof. Fritz Indra, einst Entwickler bei Alpina, Audi und GM, heute auch Berater des österreichischen Entwicklungsdienstleisters AVL List.
Professor Indra, was ist für sie die wichtigste Erkenntnis des heurigen Motorensymposiums?
„Es gab keinen einzigen Vortrag mehr über das Elektroauto, das ist ein Riesenfortschritt. Denken Sie einmal drei Jahre zurück: Damals hat jeder von der Elektromobilität geschwärmt, wenngleich niemand verraten hat, wann, wie und wo. Jetzt ist die Nachfrage wieder auf einem absoluten Tiefpunkt angekommen. Ich gehe davon aus, dass der private Markt fast gesättigt ist.“
Auch dort, wo subventioniert wird?
„Das Thema wird verschwinden vor allem auch deshalb, weil jetzt Norwegen als das gelobte Land der E-Autos die immensen Förderungen, die es hier gab, einstellt. Frau Merkel redet von einer Million bis 2020; in Wirklichkeit werden es nicht einmal 100 000 sein. Damit man sich nicht all zu sehr blamiert, sollen nun auch die Hybride mitgezählt werden. Das wird aber auch nicht reichen. Vielleicht braucht man dann auch noch die E-Fahrräder.
Einige Redner haben den Plug-In-Hybrid als passable technische Lösung gewürdigt.
„Die Hersteller brauchen diese Technologie bei den großen Autos, weil die Flottenverbräuche sonst zu hoch sind. Aber der Plug-In-Hybrid, genau wie das Elektroauto, ist ein Betrug an der Umwelt ist – weil der Strom nicht einbezogen wird. In dem Moment, in dem sich diese Autos am Stromnetz bedienen, blasen die Kraftwerke den Schmutz in die Luft, und zwar ungleich mehr als moderne Verbrennungsmotoren. Das erste, was in China bei schmutziger Luft passieren müsste, wäre ein Fahrverbot für Elektroautos.
Erwarten Sie staatliche Absetzbewegungen von der E-Mobilität?
„Letztlich ist das alles eine Frage des Geldes, und irgendwann werden die Regierungen klug. In den USA wurde der Hybrid auch einmal subventioniert, nach 60 000 Fahrzeugen war dann Schluss. Ähnliches passiert gerade in Norwegen und man kann sehr gespannt sein, wie dort der Markt reagieren wird. Eine Technologie muss sich aus sich heraus rechnen. Man kann sie vielleicht am Anfang fördern, wenn sie wirklich sinnvoll ist, aber eine Dauersubventionierung kann sich keiner leisten.
Was prognostizieren Sie Tesla?
„Ich gehe davon aus, dass dieses Projekt einmal scheitert, weil die Firma ja jedes Jahr riesige Verluste macht und auch dieser Markt nicht beliebig groß ist. Elon Musk ist natürlich ein hervorragender Manager und vielleicht der beste PR-Mann der Welt.
Damit hat er letztes Jahr etwa 30.000 Autos verkauft.
„Ja, aber sehr viele davon im spezifischen Markt Kalifornien, und natürlich in Norwegen, wo er – noch mit Förderung – so viel kostete wie ein Golf. Trotzdem hat man bei den Elektroautos nicht bedacht, dass sie nach sechs bis sieben Jahren nichts oder nur mehr wenig wert sind. Die Batterien verlieren permanent an Leistung, und irgendwann übersteigt der Preis einer neuen Batterie den Zeitwert. Das Thema wird bis heute nicht berücksichtigt, die Kunden werden sich wundern.“
Welche Entwicklungen beobachten Sie beim Verbrenner?
„Die Entwicklungen sind phantastisch, beispielsweise der Dreizylinder mit Zylinderabschaltung, den Ford vorgestellt hat; das wird funktionieren. Es wird überall geschraubt, entwickelt und geforscht; man holt Ansätze aus der Schublade, die längst bekannt sind und sich heute lohnen, weil sie vielleicht noch ein Prozent an Einsparung bringen. Wir fahren heute mit Dreieinhalb-Liter-Autos schon sehr kommod und es wird noch weniger werden.“
Der Verbrenner schlägt die E-Mobilität?
„Ja. Wir müssen die "well-to-wheel"-Emissionen berücksichtigen, und da gibt es nichts besseres als den Verbrenner. Man darf Energie nie wandeln, denn die Energiewandlung ist immer mit Verlusten verbunden, egal in welche Richtung. Je besser die Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren werden, desto schwerer haben es die Alternativen. Wenn es einmal wirklich zu viel Strom geben sollte, so sagen es einige Experten vorher, machen wir daraus flüssige oder gasförmige Brennstoffe und fahren mit den Verbrennern weiter.
Könnte sich Erdgas als Kraftstoff durchsetzen?
„Ich bin dankbar für Ihr Beispiel, denn die Leute kaufen das Erdgasauto nicht, obwohl es so sinnvoll und günstig ist. Warum nicht? Weil es eben doch weniger Reichweite bietet. Der Autofahrer kauft eine neue Technologie nur dann, wenn sie gleich gut oder besser ist, aber nichts, was teurer ist und weniger kann. Und das erklärt auch leider, warum das Erdgasauto nicht so angenommen wird, wie es das eigentlich verdient. Denn es gibt halt nicht an jeder Ecke eine Tankstelle.
Können Sie der Elektrifizierung eigentlich positive Aspekte abgewinnen?
„Selbstverständlich. Der Elektromotor hat sich zwar wieder einmal nicht als Antriebsmotor durchgesetzt, aber er ist in kleinerer Form sehr gut geeignet, um den Verbrennungsmotor bei seiner Arbeit in den Kraftfahrzeugen zu unterstützen. Die Mild-Hybride funktionieren hervorragend, mit Starter-Generatoren, mit über zehn Kilowatt und 48-Volt-Systemen; das haben in ein paar Jahren 50 Prozent aller Autos. Auch ermöglichen sie damit perfekte Start-Stopp-Systeme einschließlich Segelfunktion, Rekuperation und Beschleunigungsunterstützung.
Die Fahrzeuge müssen erschwinglich bleiben – und für eine bessere Umwelt müssen wir uns auf die leistbaren Verbesserungen der Großserienfahrzeuge konzentrieren.
Jens Meiners/amp