Interview zum VW Caddy
Rund um Marseille hat Volkswagen der internationalen Presse den neuen Volkswagen Caddy vorgestellt. Nach der ersten Testfahrt sprach Tim Westermann mit Joachim Rothenpieler, Entwicklungsvorstand von Volkswagen Nutzfahrzeuge, über die Neuauflage des beliebten Lieferwagens und Familienfahrzeugs.
Sie sprachen schon bei der Weltpremiere vor gut einem Vierteljahr im polnischen Poznan davon, dass es sich beim neuen Caddy um ein völlig neues Modell handelt. Sowohl die Abmessungen als auch die Grundform erinnern aber doch sehr an das erfolgreiche Vorgängermodell. Finden die Neuheiten hauptsächlich unter dem Blech statt?
„Der neue Caddy ist rundum neu. Auch äußerlich. Er verfügt über eine komplett neue Front. Das Heck ist ebenfalls völlig neu gestaltet. Das wird besonders deutlich im Lichtdesign. Unser vielfältiger Stadtlieferwagen und Familienvan zeigt klar seine Volkswagen-DNA. Auch hinsichtlich Anmutungsqualität, Perfektion und Präzision haben wir den Caddy deutlich weiterentwickelt. Allerdings bietet die Plattform des Caddy seit jeher Vorzüge, die von unseren Kunden bestens akzeptiert sind. Was Zuladung, Ladevolumen, Durchladelänge und Anhängelasten betrifft, war und ist der Caddy weiterhin ,Benchmark’ und ,Best in Class’, sprich, er setzt die Maßstäbe in seiner Klasse. Das gilt erst recht unter dem Blech. Dort hat sich viel getan. So wurde die gesamte Motorenpalette erneuert. Die anspruchsvolle Euro-6-Abgasnorm ist nun Standard. Wir haben die Fahrzeugakustik sowohl in puncto Motor als auch bei Abroll- und Windgeräuschen überarbeitet und damit die Langstreckenqualitäten des Caddy nochmals nachhaltig verbessert. Fahrwerksseitig haben wir viele Komponenten aus unserem Modularem Querbaukasten integriert und dank ihrer Neuabstimmung Fahrdynamik sowie Fahrkomfort auf ein neues Niveau gehoben. Dank MBQ integrierten wir die neuesten sicherheitsrelevanten Fahrerassistenzsysteme im Caddy 4, ebenso die neuesten Infotainment-Systeme und die Car-Net App-Connect. Dabei geht’s um die Kopplung des Caddy mit dem Smartphone. Um nur ein Beispiel zu nennen: Mit dem i-Phone können Sie als Mitfahrer sogar von der Rückbank die Navigation programmieren oder das Radio sowie die Klimaanlage steuern, während sich der Fahrer auf den Straßenverkehr konzentriert.“
Wie sieht’s beim Innenraum aus?
„Beim Interieur-Design setzen wir ganz bewusst auf eine größere Differenzierung zwischen Nutzfahrzeug und Pkw. Im ersten Fall bedeutet das eine sehr funktionale Schalttafel mit vielen offenen Ablagen und wenigen bewegten Klappen mit extrem hoher Robustheit. Beim Pkw bieten wir ebenfalls eine Instrumententafel mit vielen Ablagemöglichkeiten und mit extrem hoher Wertanmutung. Das bedeutet für den Kunden vielfältige Wahlmöglichkeiten durch Variation von Farben und Dekoren. Dabei steht unseren Kunden im Kastenwagen natürlich auch die Pkw-Variante zur Wahl.“ Auch die Motoren knüpfen an das Vorgängermodell an. Sie müssen aber einerseits den neuesten Abgasgesetzen genügen und andererseits erwarten die Kunden mit jedem Modellwechsel immer sparsamere Antriebsvarianten.“
Welche Erfolge haben Sie dabei erzielt?
„Die aktuellen Abgasnorm Euro 6 erfordert intensive Änderungen im Motorenbereich, speziell in der Abgasnachbehandlung. So bringt die Verschärfung der Grenzwerte zunächst sogar eine prinzipielle Verbrauchsverschlechterung von durchschnittlich 0,3 Liter pro 100 Kilometer. Trotzdem ist es uns gelungen, den Verbrauch des neuen Caddy bei allen Motoren um durchschnittlich 15 Prozent zu reduzieren. Das bedeutet für unsere Kunden einen Minderverbrauch von mehr als einem Liter pro 100 Kilometer und führt in der Spitze bei unserer Stadtlieferwagen-Kastenversion mit dem 75 kW starken TDI zu einem Verbrauchswert von durchschnittlich nur 3,8 l Diesel auf 100 km. Das entspricht einem Kohlendioxidausstoß von nur 99 g pro Kilometer und ist in dieser Klasse wirklich sensationell. Auch diesbezüglich nehmen wir für uns in Anspruch, bei Ottomotoren, Diesel und Erdgasantrieb die Messlatte in dieser Fahrzeugklasse nochmals deutlich höhergelegt zu haben.“ Das Fahrwerk des neuen Caddy orientiert sich an bekannten Vorgaben. McPherson Federbeine vorn, Starrachse mit Blattfedern hinten.“
Warum sind Sie dieser Philosophie treu geblieben?
„Die Starrachse hinten reagierte bei unseren ersten Testfahrten im nichtbeladenen Zustand auf kurze Stöße doch noch einigermaßen ruppig. Muss das so sein? „An der Starrachse halten wir fest, durchaus im Sinne unserer Kunden. Weil Sie nur mit diesem Konzept mit vertretbarem Aufwand bis zu einer Tonne Zuladung realisieren können, was etwa im kommerziellen Bereich unverzichtbar ist, und wofür ihn auch unsere Privatkunden kaufen. Wir haben auch hier intensive Abstimmungsrunden hinter uns und dank der MQB-Komponenten klare Fortschritte erzielt.“ Keine Frage. Auch für uns war der Komfortfortschritt bei der Fahrwerksauslegung zwischen Caddy 3 und 4 deutlich.“
Komfort, zumal auf der Langstrecke, ist aber auch ein Produkt der Sitzqualität. Wie definieren Sie die?
„Wir haben in der Tat die Sitzanlage des Caddy beim neuen Modell völlig überarbeitet, insbesondere die Ergonomie und den Seitenhalt verbessert. Viele unserer Kunden sehen in ihrem Caddy ihren Arbeitsplatz, und der soll so sicher und komfortabel wie nur möglich sein. Bewährtes blieb dabei natürlich erhalten, also beispielsweise die Funktion der leicht klapp-, roll- und komplett herausnehmbaren Sitze der zweiten und dritten Reihe.“
Stichwort Fahrerassistenzsysteme. Was ist Ihnen da für den Caddy 4 besonders wichtig?
„Da legen wir den Fokus eindeutig auf die Sicherheit und Komfort. Serienmäßig ist beispielsweise unsere Multikollisionsbremse an Bord, die in bestimmten Unfallsituationen automatisch eine Bremsung einleitet, wenn der Fahrer nicht mehr selbst eingreifen kann. So können Folgekollisionen verhindert werden. Auch andere Systeme sind überaus sicherheitsrelevant. Im neuen Caddy finden Sie nunmehr Techniken, die früher nur im Luxussegment zu haben waren: Light Assist, Front Assist, City-Notbremsfunktion, Lane Assist, ACC und Rückfahrkamera. Das ist nur eine Auswahl. Der neue Caddy ist auch hier ,Benchmark’ in seiner Klasse.“
Tim Westermann/amp