Lambo-Designer Borkert im Interview
Seit 2016 ist Lambo-Designer Mitja Borkert verantwortlich für das das Design der Marke und gibt im Interview Einblicke und Ausblicke. Er verantwortet alle Lambo-Modelle seit dem Urus, an den er in der Endphase ebenfalls noch Hand anlegen konnte. Im Gespräch geht es auch um seine Strategie in Zeiten des Umbruchs.
Herr Borkert, in welche Richtung möchten Sie die Marke weiterentwickeln?
„Das Tolle an Lamborghini ist die unglaublich reiche Historie. Deshalb kann ich mir jeden Lamborghini vorstellen, die Formensprache passt in die unterschiedlichsten Segmente. Natürlich haben wir die Schubladen voller Ideen. Mein philosophisches Manifest ist dabei der Terzo Millennio. Aus diesem Auto wird man immer viele Elemente sehen. Zum Beispiel das Y-Motiv oder die Flächenbehandlung.“
Wenn alles ginge, geht auch ein Stadtauto?
„Als Designer würde ich sagen, ja. Die Frage ist allerdings, was produktstrategisch Sinn ergibt. Wir arbeiten an einem Fahrzeugkonzept auf Basis des Huracán, das nicht nur offroad gut aussieht, sondern auch einen städtischen Aspekt hat. Ein ,Everyday Supercar‘.“
Sie spreizen die Modellpalette also weiter auf?
„Wir haben beim Huracán schon in der aktuellen Generation ein Angebot, das gar nicht diverser sein kann. In Zukunft stehen unsere zwei Supersportwagen auf einer eigenständige Plattform, hier erleben wir jetzt das Jahrzehnt der Hybride. Beim Urus gehen wir hingegen perspektivisch in die Vollelektrifizierung. Genau wir bei unserem für 2028 angekündigten vierten Modell, dessen genaue Ausprägung und Positionierung noch offen ist.“
Was ändert sich im Design mit der Elektrifizierung?
„Sie eröffnet uns maximale Freiheitsgrade. Heute haben wir einen großen Motor mit Getriebe, die Seitenansichten definieren die Kühler. In Zukunft kann ich mehr im Layout arbeiten, der Auspuff wird entfallen und das kann ich wunderbar nutzen. Für Durchströmung und intelligente Aerodynamik.
Beim Terzo Millennio habe ich zum Beispiel ein echtes Lamborghini-Heck, aber die Kabine läuft hinten zusammen wie ein Boot. Elektroautos atmen anders und das möchte ich visualisieren. Sie müssen zum Beispiel im Stand, beim Laden gekühlt werden und auch da müssen dann Öffnungen ins Auto.“
Zum Felgendesign. Gehen Sie in Richtung Aero-Design?
„Gegen Scheibenräder sperre ich mich ein bisschen. Wir können ähnliche Ergebnisse erzielen, ohne die Dreidimensionalität aufzugeben. Und wir haben natürlich die unterschiedlichsten Vorbilder aus der Historie: Zum Beispiel auch die Countach-Felge mit fünf Löchern.“
Wenn man das Lamborghini-Design seit der Ära Donckerwolke betrachtet, scheint es immer extremer zu werden. Gehen Sie weiter in diese Richtung oder gibt es ein Reset?
„Das Reset habe ich eigentlich mit dem neuen Countach vollzogen. Ich sehe hier einen Rhythmus des Provozierens. Um eine Analogie aus der Musik zu bringen: Es gibt Künstler wie Madonna oder Depeche Mode, die sich immer wieder neu erfinden und damit über Jahrzehnte präsent bleiben. Und dann gibt es andere, die nur mit den gleichen Themen schocken, und dann interessiert sich irgendwann niemand mehr dafür. Das darf mit unseren Autos nicht passieren.“
Der neue Countach verweist auf die Nachfolger von Huracán und Aventador?
„Er steht in erster Linie für sich. Wir bearbeiten jedes Modell für sich, das kann jeweils ein ,Spaceship‘ werden oder auch ein essentielles, ikonisch reduziertes Auto.“
Sie arbeiten viel mit Kohlefaser. Was kommt danach?
„Danach kommt der 3-D-Druck in den verschiedensten Ausprägungen. Ich erwarte da einen Durchbruch, man kann da auch mit Metall und Glas arbeiten und optische Transparenz hineinbringen. Aber CFK wird uns noch eine ganze Weile begleiten, weil es einfach ein tolles Material ist.“
Wie sieht der Designprozess aus? Arbeiten Sie auch mit externen Teams?
„Es ist mein Anspruch, dass das Design aus Sant’Agata kommt, das gehört zu unserem Stolz. Aber wir nutzen auch andere, teilweise überraschende Quellen. Und zwar nicht nur aus dem Konzern. Ich gehe auch auf Designer zu, die ich schätze und respektiere, aber die gar nichts mit dem Automobil zu tun haben. Das sind für mich interessante Quellen.“ (jm, cen)