Lotus Eletre – Härtetest im hohen Norden
Der Lotus Eletre, wieder ein Stromer der seinen Härtetest im hohen Norden absolviert. In Arjeplog in Nordschweden. Im Winter verdoppeln Autotester vorübergehend die Einwohnerzahl der sonst 1.700 Einwohner zählenden Lappland-Gemeinde. Eine internationale, bunt gemischte Truppe. Sie kommen von den großen Automobilherstellern, aber auch von der Zulieferindustrie.
Die Hersteller testen hier seit Jahren Heizungen, Bremsen, das Handling und die Kälteverträglichkeit ihrer neuen Modelle. Jetzt ist aber alles etwas anders. Mit der Elektromobilität kommen ganz neue Herausforderungen auf die Entwickler zu. Da geht es auch um die Reichweite der Elektro-Modelle unter den schwierigen klimatischen Bedingungen. Es geht um Ladestrategien oder um das perfekt abgestimmte Zusammenspiel der E-Motoren.
Der Härtetest des Lotus Eletre im hohen Norden bringt letzten Feinschliff
Das europäische Entwickler-Team soll dem Eletre den letzten Feinschliff geben. „Denn“, so Sylvain Verstraeten, der belgische Entwicklungsingenieur, „die europäischen Kunden stellen höhere Anforderungen.“ Deshalb hat Lotus bei den Vergleichsfahrzeugen, gegen die der Eletre im Laufe der Entwicklung antreten musste, nicht gespart. Bei den Verbrennern waren das der Lamborghini Urus und der Porsche Cayenne Turbo. Was die Fahrdynamik betrifft, orientierte man sich auch am Porsche Taycan. Und bei der Energie-Effizienz war Tesla die Messlatte.
Die Hardware des Eletre ist fertig, man hat sie bereits Mitte 2022 eingefroren. Jetzt geht es für das Luxus-SUV um das finale Abtesten aller Einstellungen, das Feintuning der Software und der Kontrollsysteme. Die Controller überwachen etwa den Energiefluss im Antriebsstrang, die Arbeit der Niveauregulierung. Sie garantieren, dass Dämpfer oder Lenkung auch bei grimmiger Kälte nicht zu schwer gehen. Natürlich arbeitet man auch noch ein letztes Mal kräftig an der Fahrdynamik. Das heißt vor allem, an der Abstimmung des ESP-Systems und des Allrad-Antriebs. „Um die Fahrfreude mit dem Eletre weiter zu verbessern“, so der Techniker.
Kontrollierbarkeit, Sicherheit, Fahrspaß
Verstraeten: „Es geht in erster Linie um die Kontrollierbarkeit, um die Sicherheit und natürlich um den Fahrspaß.“ Und es geht Verstraeten seinem kleinen Team von sieben Ingenieuren und drei Mechanikern auch um die Feinarbeit an den verschiedenen Fahr-Modi.
Es gibt den Modus „Off Road“. Da geht es in erster Linie um niedrige Geschwindigkeiten und Geländegängigkeit. Bei Modus „Range“ steht die maximale Reichweite im Vordergrund, die 600 Kilometer betragen soll. Der „Tour“-Modus ist ein ausgeglichenes Fahrprogramm zwischen Komfort, Sportlichkeit und Effizienz. Hier spielt das Batteriemanagement eine wichtige Rolle. Da wird die Batterie vor dem Laden nicht vorgewärmt. Der Ladevorgang dauert deshalb etwas länger. Der „Sport“-Modus dagegen verwendet Energie, um die Batterie vor dem Laden aufzuheizen. Man geht davon aus, dass es der Fahrer dann wegen des gewählten Fahrprogramms etwas eiliger hat.
Einfluss auf den Energieverbrauch
Welchen Einfluss haben Wintertemperaturen auf den Energieverbrauch? „Lange Fahrten bei niedriger Geschwindigkeit und niederer Temperatur sind eher kritisch“, so der Ingenieur. Da verbraucht man die meiste Energie für Heizung, Scheibenwischer und Sitzheizung.
Wenn man aber schnell auf dem Eis unterwegs ist, driftet und die Regelsysteme wie ESP oder Traktionskontrolle Überstunden machen müssen? „Das ist eher unkritisch“, erklärt Verstraeten: „Wir laden die Autos über Nacht auf und fahren den ganzen Tag.“ Die Reichweite auf dem Eis sei geringer als bei einer Autobahnfahrt, aber eigentlich kein Thema.
Und wie lässt sich ein in seiner stärksten Variante über 900 PS starkes SUV auf dem rutschigen Eisparkett bewegen? In den Modi „Tour“ und „Range“ geht es mehr um ein „neutrales Fahrverhalten“. Wenn ein weniger versierter Pilot in der Mitte einer Kurve aufs Gaspedal steigt, dann soll der Eletre beherrschbar bleiben und gutmütig untersteuern. „Wir verkaufen hier ja auch ein Lifestyle-Produkt. Bei unserem Wintertest stehen Sicherheit, Qualität und Zuverlässigkeit im Vordergrund“, so der Lotus-Ingenieur.
Im „Sport“-Mode hat der Chauffeur etwas mehr Freiheiten und kann etwas übersteuernd mit dem Eletre spielen. Und wenn ein erfahrener Pilot dann auch noch das ESP-System ausschaltet, „dann kann er auch ein bisschen schneller sein als mit anderen Autos“, so Verstraeten.
Wobei hier noch lange nicht Schluss sein muss. Für die stärkste Version, den Eletre R mit einer Leistung von rund 920 PS, gibt es exklusiv als fünften Fahr-Modus die „Track“-Version. Vom Eis geht es jetzt nochmals auf die anspruchsvollste Rennstrecke, den Nürburgring: Wo der Lotus-SUV im „Track“-Modus nochmals beweisen muss, ob er ein richtiger Lotus ist. (cen/bo)