Mazda MX-5 RF – Ein Luftikus mit Ganzjahres-Option
Mazda MX-5 RF – Ein Luftikus mit Ganzjahres-Option. Eigentlich ist der Mazda MX-5 RF ein Volltreffer. Er verbindet hinreißende Optik mit einer satten Portion Fahrspaß. Aber eben nur eigentlich, denn im Praxistest offenbaren sich auch einige kleinere Unzulänglichkeiten. Natürlich können sie es, die Mazda-Designer: Nach eher verunglückten ersten Versuch, dem bisher erfolgreichsten Roadster überhaupt eine Klappdach-Variante zur Seite zu stellen, stimmt jetzt die Richtung.
Zeitlos elegante Linien fließen beim MX-5 RF zu einer Coupé-Silhouette zusammen, die irgendwo zwischen Junior-Corvette und dem Opel GT der ersten Generation angesiedelt ist. Lange Schnauze, tief liegender Grill, extrem kurzer Überhang am Heck – so sehen Sportwagen mit Klassiker-Potenzial aus. Das finden übrigens auch Fachleute für Ästhetik: Der MX-5 RF bekam den Red-Dot-Award 2017 für Produkt-Design.
Das „RF“ der Modellbezeichnung steht für „Retractable Fastback“, was so viel bedeutet wie einziehbares Fließheck. Ein Kippschalter an der Mittelkonsole macht das Coupé zum Luftikus. Das hintere Dachteil wird angehoben, bewegt sich ein wenig zurück, die beiden oberen Stücke der dreigeteilten Haube werden danach samt Heckscheibe hinter den Rücksitzen unter eine Abdeckung versenkt. Das hintere Dachteil fährt wieder in die ursprüngliche Position zurück und schon ist aus dem handlichen Zweisitzer ein Targa geworden.
Zwischen den hinteren Dachholmen bleibt ein Plexiglas-Windschott stehen, das zwar gut gemeint, aber nicht sehr wirkungsvoll ist. Was soll’s? Wer sich ein Auto mit Offenheits-Option zulegt, will den Wind tosen hören. Das kann man im MX-5 RF übrigens auch bei geschlossenem Dach. Die Geräuschkulisse ist bei Tempo 100 fast so laut wie bei versenkter Haube. Die senkrecht stehende Heckscheibe zwischen den beiden Dachfinnen bietet reichlich Raum für kräftige Luftwirbel. Nur 13 Sekunden vergehen beim Öffnen und Schließen, jedoch verträgt der komplizierte Hebemechanismus nur Schrittgeschwindigkeit, bei mehr als 10 km/h verweigert das Dach seinen Dienst.
Dass der Innenraum schmal geschnitten ist, kann man dem Auto nicht vorwerfen. Ein 3,92 Meter kurzer und 1,74 Meter schmaler Zweisitzer ist eben kein Liegewagen. Aber, dass der Fußraum auf der Beifahrerseite um rund fünf Zentimeter kürzer ist als auf der anderen Seite, ist lästig, zumal er auch noch in der Breite durch einen Vorschalldämpfer der Abgasanlage eingeschränkt wird. Wer über 1,80 Meter groß ist, bekommt Probleme, die Knie unter dem Armaturenbrett zu verstauen. Da sollte man besser den Fahrerplatz wählen, denn eine bequeme Sitzposition für längere Ausfahrten lässt sich als Passagier nicht finden.
Zu den weniger erfreulichen Dingen zählt auch, dass es keine horizontale Verstellung für das Lenkrad gibt. Wer die volle Länge der Sitzschiene ausnutzt, läuft Gefahr, mit gestreckten Armen am Lenkrad kurbeln zu müssen. Und schließlich: Der Kofferraum ist nur durch Druck auf die entsprechende Taste auf dem Schlüssel zu öffnen, ein entsprechender Knopf für den elektromagnetischen Verschluss oder ein Hebel mit Bowdenzug im Innenraum ist nicht vorhanden. Und wer sich einmal die Anweisungen für die Not-Entriegelung in der Bedienungsanleitung durchgelesen hat, weiß, dass der Versuch ohne handwerkliche Begabung praktisch aussichtslos ist.
Genug gemeckert, rein ins Vergnügen! Der RF hat den gleichen Zwei-Liter-Vierzylinder-Motor, der in der stärkeren Version des Roadsters eingebaut ist. Die Leistung von 118 kW/160 PS sollte die Leermasse von 1055 Kilogramm (40 mehr als bei der Stoffverdeck-Version) angemessen in Schwung bringen. Gestartet wird per Tastendruck, geschaltet per Hand. Der Wert von 9,4 Metern Wendekreis gibt eine Ahnung davon, welchen Spaß dieser kleine Kurvenräuber entfesseln kann. Ein tiefer Schwerpunkt und eine sehr direkte Lenkübersetzung sind die Voraussetzungen dafür, dass niemand ohne ein Lächeln auf dem Gesicht aussteigt.
Die Versuchung, mehr als das kleine Wochenend-Gepäck mitnehmen zu wollen, kommt eh nicht auf. 127 Liter Volumen entsprechen etwa zwei Reisetaschen und so schwer, dass man sie nicht über die 82 Zentimeter hohe Heckkante gehievt bekäme, können die gar nicht sein. Die Recaro-Sitze sind so, wie man es von einem Sportwagen erwartet: Körpernah geschnitten, mit gutem Seitenhalt und integrierter Kopfstütze. Sie sind Bestandteil eines Sportpaktes, das auch Bilstein-Stoßdämpfer und Lederbezüge beinhaltet. Ab Werk bringt der Mazda MX-5 unter anderem elektrische Außenspiegel, Coming-/Leaving-Home-Licht, Leichtmetallfelgen, Voll-LED-Scheinwerfer mit automatischer Leuchtweitenregulierung, Zentralverriegelung, elektrische Fensterheber, ein 4,6-Zoll-TFT-Display und Klimaanlage mit.
Egal, ob offen oder geschlossen, auf der Straße sind alle Unzulänglichkeiten rasch vergessen. Spontane Gasannahme, herzhafte Beschleunigung (obwohl nur 200 Newtonmeter Drehmoment anliegen), knackiges Schaltgefühl und präzises Einlenken – so definiert sich Fahrfreude im MX-5 RF. Nur der Sound beim Hochdrehen könnte etwas kerniger sein. Das Fahrwerk ist komfortabel genug gedämpft, um nicht bei jeder Bodenwelle ins Hüpfen zu geraten, aber straff genug, um das unmittelbare Roadster-Feeling nicht zu verwässern. Alles richtig gemacht, Mazda!
Das gilt in besonderer Weise auch für den Motor. Nach einigen hundert offen gefahrenen Testkilometern wäre eigentlich ein Vergnügungszuschlag an der Zapfsäule zu erwarten gewesen. Bekanntlich verschlechtert ein versenktes Dach den Luftwiderstandbeiwert einer Karosserie erheblich und erhöht damit den Durchschnittsverbrauch. Umso größer die Überraschung, als der Bordcomputer am Ende des Probezyklus weniger Spritkonsum auswies, als nach den offiziellen Daten des Herstellers vorgesehen. Das kennt man eher umgekehrt. Mit 6,3 Litern je 100 Kilometer erwies sich der Testwagen um 0,3 Liter sparsamer als die Werksangabe. Chapeau!
Fazit: Als Spaßmobil zu einem moderaten Preis ist der Mazda MX-5 RF unschlagbar. Als Ganzjahres-Variante des Roadsters ist er das vielseitigere Auto der Baureihe. Der hohe Fun-Faktor gleicht die Kompromisse aus, die man beim Komfort oder der Alltagstauglichkeit machen muss. Für ihn spricht außerdem, dass man Lustgewinn auf der Straße nicht an der nächsten Tankstelle bezahlen muss.
afb/amp