MG-Europa-Chef im Interview: Viel lernen
MG kehrt als elektrifizierte Marke nach Europa zurück und im Interview sprach MG-Europa-Chef Matt Lei über die Zukunft des Herstellers. Die Ausrichtung auf alternative Antriebskonzepte. Und dass MG noch viel zu lernen hat. Neben Plug-in-Hybrid-Modellen rollt bald das vollelektrische SUV Marvel R Electric zu den Kunden. Der 48-Jährige Matt Lei leitet als CEO den Auftritt der traditionsreichen Marke. Die gehört inzwischen zum chinesischen SAIC-Konzern.
Wann hat sich SAIC entschieden, MG zu einer vollelektrischen Marke zu entwickeln und nach Europa zurückzukehren?
„Wir haben 2017 beschlossen, mit MG als elektrische Marke nach Europa zurückzukehren. Weil wir gesehen haben, dass die Europäische Union sich auf den Weg zu einer CO2-neutralen Gesellschaft begeben hat. Wir glauben, dass dieses Ziel nicht mit dem konventionellen Verbrennungsmotor erreichbar ist. Deshalb haben wir entschieden, in Europa auf die Elektrifizierung unserer Modelle zu setzen. Um einen Beitrag für dieses ehrgeizige Vorhaben zu leisten.“
Das bedeutet, dass Sie in den kommenden Jahren die Verbrenner-Modelle einstellen werden?
„Das kann ich so nicht sagen. Wir sind ein weltweit agierendes Unternehmen und bieten auf anderen Märkten auch weiterhin Modelle mit Verbrennungsmotoren an, Wenn sie dort verlangt werden. In den meisten europäischen Ländern bringen wir aber ausschließlich elektrifizierte Fahrzeuge auf den Markt. Langfristig konzentrieren wir uns auf Fahrzeuge mit neuen Antriebstechnologien. Das müssen nicht ausschließlich vollelektrische Modelle sein. Sondern auch Automobile mit einem Plug-in-Hybrid-Antrieb. Alles hängt von den Wünschen der Kunden ab.“
In Deutschland konzentrieren sich die Hersteller vor allem auf batterieelektrische Antriebe. Welche Rolle spielen bei MG andere alternative Antriebskonzepte wie zum Beispiel die Brennstoffzelle?
„Wir sind sehr flexibel und analysieren auch die Möglichkeiten der verschiedenen Antriebstechnologien. Doch die Überführung in die Serie hängt auch vom Einsatzgebiet des Fahrzeugs ab. Und von der noch sehr aufwendigen Herstellung des Wasserstoffs. Außerdem fehlt noch die Infrastruktur. Und es spielen die Sicherheit und die hohen Kosten der Energiegewinnung eine bedeutende Rolle. Die verhindern unserer Sicht aktuell noch den großflächigen Einsatz von Wasserstoff als Energieträger.“
Neben Wasserstoff spielt auch die Festkörperbatterie eine wichtige Rolle in der Zukunft der E-Mobilität. Wie weit ist SAIC bei der Entwicklung dieses Energiespeichers für große Reichweiten und kurze Ladezeiten?
„Bei SAIC untersuchen wir alle innovativen Technologien. Dazu gehört auch die Festkörperbatterie. Wir sehen die Möglichkeiten, aber gleichzeitig auch große Hindernisse, diese Technik in Serie zu bringen. Die Effizienz der Batterie und ihre Energiedichte reichen aktuell noch nicht aus, um sie in Serie zu produzieren.“
Wie beurteilen Sie die Entwicklung der Reichweiten bei vollelektrischen Fahrzeugen?
„Da gibt es zwei Aspekte, die zu berücksichtigen sind. Auf der einen Seite wird sich die Dichte der Batteriezellen weiter verbessern. Und damit auch die Reichweite. Auf der anderen Seite kommen Modelle mit immer größeren Energiespeichern auf den Markt. Doch das ist aus unserer Sicht nicht sehr nachhaltig. Es macht die Fahrzeuge außerdem sehr schwer und für die meisten Kunden zu kostspielig. Deshalb haben wir den MG Marvel R Electric so entwickelt, dass wir beim Gewicht unter zwei Tonnen geblieben sind. Gleichzeitig wird die Infrastruktur ständig optimiert, so dass sich die Batterien schneller laden lassen. Wir entwickeln unsere E-Mobile so, dass sie nicht deutlich schwerer sein dürfen als vergleichbare Verbrenner-Modelle.“
Wie arbeiten ihre Designzentren in London und Shanghai zusammen?
„Die beiden Studios arbeiten sehr eng zusammen. Das Londoner Studio definiert am Anfang die Wünsche der Kunden und liefert den Input nach Shanghai. Am Ende steht ein gemeinsam entwickeltes Design, das sowohl in China und Europa angenommen wird.“
SAIC hat lange mit Volkswagen zusammengearbeitet. Hat diese Kooperation ihre Art, Automobile zu produzieren beeinflusst?
„Seit dem Beginn der Zusammenarbeit vor 35 Jahren haben wir viel von Volkswagen gelernt. Heute nutzen wir diese Erfahrungen, um Qualitätsmodelle unserer eigenen Marken zu entwickeln. Es gehört zu unserer Philosophie von den Besten zu lernen. Und dann den Vorsprung aufzuholen.“
Welchen Kundenkreis spricht MG in China an?
„In China ist MG eine Marke für jüngere Kunden, die ein sportliches und jugendliches Fahrzeug suchen.“
Wie sehen Ihre Pläne für den deutschen Markt aus? Spielt das alte MG-Image dabei eine Rolle, das für jüngere Kunden keine große Bedeutung haben dürfte?
„Wir konzentrieren uns auf die Elektromobilität. Wir sehen aber auch, dass wir vor einem großen Lernprozess stehen. Deutschland ist weltweit der herausforderndste Markt. Wir müssen lernen, hier zu überleben. Das ist die bedeutendste Aufgabe für uns. In China bilden die privaten Kunden den größten Anteil bei den Zulassungen. In Deutschland sind es die Flottenkunden. Wir müssen noch viel lernen. Deshalb haben wir viele lokale Experten eingestellt, die uns dabei helfen. Aktuell haben wir 50 Händler. Und diese Zahl wird sich noch deutlich erhöhen.“
Als nächstes Modell bringen Sie den MG 5 auf den Markt. Können Sie schon etwas über die technischen Daten verraten?
„Der MG 5 ist der erste vollelektrische Kombi in Europa. Wir glauben an diese Karosserieform. Denn es gibt noch immer noch viele Kunden, die diese praktischen Modelle trotz der SUV-Flut verlangen. Damit wollen wir außerdem auch auf dem Flottenmarkt eine Rolle spielen. Die Reichweite wird wie beim Marvel R bei mehr als 400 Kilometer liegen.“
MG wird 2024 seinen 100. Geburtstag feiern. Wird es dann wieder einen MG Roadster wie den in Shanghai gezeigten Cyberster geben?
„Das untersuchen wir gerade. Wir müssen uns aus diesem Anlass etwas Besonderes einfallen lassen. Mehr kann ich heute nicht sagen.“
amp/ww