Mini John Cooper Works Countryman – Ein blasser Sportler
Mini John Cooper Works Countryman – Ein blasser Sportler. Mini adelt seinen kompakten Crossover mit dem imageträchtigen JCW-Signet. Doch so spaßig der Zweiliter-Turbo im normalen Mini auch ist; im üppig dimensionierten Countryman ist er eine müde Nummer.
Mini ist erwachsen geworden und abweichend von seinem markenprägenden Namen im Laufe der Jahre ein bis zwei Klassen nach oben gerutscht. Das gilt mehr denn je für den nunmehr 4.30 Meter langen Countryman als Aushängeschild der Marke. Wie alle Mini-Modelle bekommt er zum Frühjahr sein viel versprechendes Sportabzeichen „John Cooper Works“ verliehen. Doch abgesehen von den munter am Auto verteilten JCW-Signets ist es mit echter Sportlichkeit nicht weit her. Mächtige Lufteinlässe, fette Walzen, üppiges Spoiler-Ornat und dicke Backen – all das sucht man vergeblich beim Mini John Cooper Works Countryman. Optisch bietet er nicht viel mehr als der Cooper S und auch in Sachen Fahrdynamik bleibt der Brite aus dem niederländischen Born hinter den Erwartungen zurück.
Denn so sportlich und ungestüm die 170 kW/231 PS des aufgeladenen Zweiliter-Turbos im Mini-Zweitürer zaubern, so blass wird die Sportstunde zwei Klassen höher im deutlich größer und schwerer gewordenen Countryman. Das liegt zunächst einmal an der Motorleistung an sich, denn die Konkurrenz für einen Mini Countryman liegt mittlerweile irgendwo zwischen VW Golf/Tiguan, Audi Q2 und Mercedes GLA. Die gibt es mittlerweile mit Motorleistungen von weit über 300 PS.
Dass der sportlichste aller Countrymänner hier bereits auf dem Papier hinterherfährt, überrascht daher nicht. Doch selbst für einen sportlichen Allrad-Crossover mit 231 PS löst der John Cooper Works am Steuer keine Begeisterungsstürme aus. Wüsste man es nicht besser, würde man ihm 180 oder vielleicht 190 galoppierende Pferdchen zugestehen – eine Region in der der schwächere Cooper S ordentlich unterwegs ist. Die gefühlt fehlenden 50 PS schluckt dabei keinesfalls nur das achtstufige Automatikgetriebe. Das versucht einem beim Herunterschalten mit Auspuff-Blubbern engagierte Dynamik vorzutäuschen. So richtig passen mag es zum Charakter eines Crossovers nicht, der sich vorrangig an Paare mit allenfalls einem Kind richtet, die sich aus der grauen SUV-Masse abheben wollen.
Der nachgeschärfte Mini John Cooper Works Countryman bemüht sich im Innern mehr optisch als technisch um Sportlichkeit. Bequeme und gut anliegende Sportstühle sorgen dabei für prächtigen Seitenhalt. Das Platzangebot vorne passt und auch hinten lässt es sich deutlich bequemer als bei seinem Vorgänger sitzen, weil die Rückbank verschiebbar ist. Das Lenkrad mit dem preiswert anmutenden Schaltpaddeln liegt gut in der Hand, wobei der optional immerhin 8.8 Zoll große Multifunktionsbildschirm mittlerweile um eine Touchfunktion erweitert wurde. Mit einiger Überraschung überträgt das Lederlenkrad gerade beim Anfahren und sportlichen Beschleunigen nennenswerte Antriebskräfte in die Hände des Fahrers.
Fraglos ist der JCW-Countryman mit Allradantrieb unterwegs, doch der elektrohydraulische Kraftfluss an die Hinterachse geschieht träger denn je. Erst mit spürbarer Verzögerung wird ein Teil der Motorleistung an die Hinterachse übertragen, um hier für Grip auf der Fahrbahn zu sorgen. Vergessen sind die Zeiten, als die Hecks der knüppelharten John-Cooper-Works-Raketen in engen Kurven ein wildes Eigenleben führten. Der gut abgestimmte JCW-Countryman schiebt in schnellen Kurven deutlich über die Vorderachse nach außen. Die direkte Lenkung gefällt den Piloten, die es gerne so direkt mögen. Das Automatikgetriebe hat mit dem sportlichen Tatendrang des Piloten so seine liebe Mühe – wer wirklich sportlich fahren möchte, sollte zur Sechsgang-Handschaltung greifen; doch passt das zu einem 231 PS-SUV, der mit mäßiger Serienausstattung einen mächtigen Einstiegspreis aufruft?
Den fehlenden Aktionismus des Topmodells spürt man besonders auf der Autobahn. Unten herum geht es zuerst sehr flott zur Sache und 0 auf Tempo 100 in 6.5 Sekunden gehen zumindest in Ordnung, doch ist man erst einmal jenseits von 160 km/h unterwegs, verliert der über 1.5 Tonnen schwere Countryman mit zunehmendem Tempo seine Lust, den Fahrer mit Druck zu beeindruckend. Zwischen 200 und 210 km/h scheint er dann jeglichen Tatendrang verloren zu haben. 234 km/h Höchstgeschwindigkeit sind für eine echte Sportskanone schon auf dem Papier wenig spektakulär. Immerhin liegt der Normverbrauch bei guten 6,9 Litern auf 100 Kilometern. Doch schaut darauf jemand, der sich für eine echte Sportskanone interessiert?
sg/ap