Neue Konzepte – So soll der Verbrenner überleben

Neue Konzepte – So soll der Verbrenner überleben. Selten zuvor ist so penetrant das Ende einer technischen Errungenschaft prophezeit worden, wie vergangenes Jahr das des Verbrennungsmotors. Doch Totgesagte leben länger. Mehrere Autokonzerne haben ihre Entwicklungsabteilungen aufgestockt, um – wenn schon nicht mit dem Diesel – so wenigstens mit dem Ottomotor das Überleben des konventionellen Pkw-Antriebs zu sichern.

Eine unangenehme Eigenschaft konnte dem Verbrennungsmotor auch in mehr als 130 Jahren Entwicklung nicht abgewöhnt werden: Bei der Umwandlung des Treibstoffs in Antriebsenergie sondert er eine Reihe von schädlichen Substanzen ab, außer Kohlendioxid zum Beispiel auch Rußpartikel und Stickoxide. Filter und Katalysatoren helfen, diese zu minimieren, ausmerzen können sie sie nicht. Kleinere Hubräume und Turboaufladung markierten in den vergangenen Jahren den Trend im Motorenbau, um den Kraftstoffverbrauch und damit die Schadstoffemissionen zu mindern. Doch seit bekannt ist, dass diese Aggregate in der Praxis deutlich mehr Sprit verbrennen, als auf dem Zulassungs-Prüfstand gemessen, erscheint dieser Erfolg zweifelhaft.

1,8-Liter-Diesotto im Forschungsfahrzeug Mercedes-Benz F 700

Im Lichte der aktuellen Diskussion um die Zukunft des Verbrennungsmotors könnte deshalb ein Konstruktionsprinzip neue Bedeutung erlangen, mit dem Mercedes bereits 2007 für Aufsehen gesorgt hatte: Der so genannte „DiesOtto-Motor“ versucht, die zwei unterschiedlichen Funktions-Prinzipien von Diesel- und Ottomotor miteinander zu versöhnen. Bekannter Maßen verlangt der Benzinmotor nach einem extern herbeigeführten Zündfunken, um das Kraftstoffgemisch zur Explosion zu bringen, während beim Dieselmotor die Verdichtung der Luft im Zylinder diese so erhitzt, dass der im selben Moment zugeführte Sprit entzündet wird.

Das Problem für beide Motorenarten: Die Verbrennung muss schlagartig und vollständig erfolgen. Es ist also eine präzise Steuerung des nur wenige Millisekunden dauernden Vorgangs notwendig, damit lästige Nebeneffekte wie das berüchtigte Klopfen verhindert werden, damit Effizienz und Leistungsausbeute in einem optimalen Verhältnis stehen. Der erste Dies-Otto arbeitete vor mehr als zehn Jahren beim Start und bei Volllast mit einem Zündfunken als Explosionsauslöser, während die kontrollierte Selbstzündung, auf die der Motor innerhalb eines Arbeitstaktes automatisch umschalten konnte, den niedrigen und mittleren Drehzahlen vorbehalten war.

Skyactiv-X-Motor von Mazda

Dieses Prinzip hat Mazda weiterentwickelt und mit dem Skyactiv-X-Motor ein Aggregat vorgestellt, das schon 2019 in der nächsten Mazda-3-Version in Serie verfügbar sein soll. Der japanische Hersteller hatte bereits mit seiner ersten Generation von Skyactiv-Antrieben die Fachwelt verblüfft. Sie kommen ohne Turboaufladung aus, arbeiten dafür unabhängig vom verwendeten Kraftstoff aber mit einer Verdichtung von 14:1, was für einen Benzinmotor extrem hoch, aber für einen Diesel ungewöhnlich niedrig ist. In unabhängigen Tests schneiden Mazda-Pkw bei Verbrauchsfahrten regelmäßig gut ab, weil ihr Spritkonsum nahe an den Sollwerten liegt (ein Verdichtungsverhältnis von 10:1 bedeutet, dass die Luft im Brennraum auf ein Zehntel ihres ursprünglichen Volumens komprimiert wird).

Der Skyaktiv-X-Motor legt noch eine Schippe drauf. Seine Verdichtung beträgt 16:1, und dennoch wollen die Mazda-Ingenieure Klopfen und unkontrollierte Verbrennung im Griff haben. Eine Reihe von Steuerungsmaßnahmen auf dem Weg der Kraftstoffdosierung und -zuführung soll die maximale Effizienz gewährleisten. Dazu gehört – das ist neu – auch ein Kompressor, der im unteren Drehzahlbereich die Beschaffung der nötigen Verbrennungsluft erleichtert. Allerdings wird er im Gegensatz zu einem Turbolader nicht vom Abgasstrom, sondern elektrisch angetrieben.

Das hat den Vorteil, dass die Kompression praktisch ab der ersten Umdrehung mit voller Leistung laufen kann. Ähnlich dem von Audi 2014 vorgestellten RS5 TDI Concept bedient sich die neue, von Mercedes „M 256“ genannte Motoren-Baureihe eines elektrischen Verdichters, der zusätzlich zum Abgas-Turbolader eingesetzt wird. Allerdings mit dem Unterschied, dass dort Benzin statt Diesel verbrannt wird. Die Sechszylinder vom Typ M 256 wie auch die Vierzylinder des Typs M 264 sind mit einem 48 Volt-Bordnetz gekoppelt. Die höhere Spannung erleichtert es, Nebenaggregate wie Startergenerator oder Wasserpumpe elektrisch zu betreiben und die Kraft des Stroms bei Bedarf auch für den Vortrieb zu nutzen. Mit einem Zweiliter-Vierzylinder soll das nächste E-Klasse-Coupé so noch munterer sprinten als mit dem bisherigen Sechszylinder. 5,9 Sekunden für den Standardsprint von null auf 100 km/h gegenüber 6,6 Sekunden sagen die ersten Tests.

Motor VC-Turbo von Infiniti

Dem Dilemma aus Kompressionsverhältnis, sauberer Verbrennung und Leistungsausbeute überzeugend beizukommen, hat in der Vergangenheit Heerscharen von Ingenieuren beschäftigt und unter anderem Prototypen von Saab und Peugeot hervorgebracht. Nun scheint es Nissan gelungen zu sein, mit variabler Verdichtung den gordischen Knoten zu entwirren. Gewöhnlich ist der Weg des Kolbens im Zylinder bei seiner Auf- und Abwärtsbewegung immer gleich, also die Verdichtung konstant. Der neue Nissan-Vierzylinder mit dem Kürzel „VC-T“ (für „variable compression turbocharged“) setzt an der Pleuelstange auf einen mechanischen Umlenker, der mittels eines veränderlichen Winkels den Kolbenweg verlängert oder verkürzt.

So kann bei Volllast die Verdichtung auf mageren 8:1 gehalten werden, während sie bei geringer Leistungsanforderung bis auf 14:1 hochgefahren wird. Der Effekt: Hohe Effizienz in verschiedenen Lastbereichen, geringe Probleme mit unkontrollierter Zündung und Laufruhe. Nissan will es seiner Edeltochter Infiniti vorbehalten, dieses revolutionäre Prinzip erstmals in einem Serien-Pkw einzusetzen. Der QX50 soll demnach Abschied vom Sechszylinder nehmen und einen VC-T-Vierzylinder mit 272 PS und 390 Newtonmetern Drehmoment erhalten.

All diesen Motorenkonzepten ist gemein, dass sie auf Benzin als Kraftstoff setzen. Die höhere Energiedichte und die sauberere Verbrennung von Erdgas nutzen bisher nur wenige Autofahrer, weil das Tankstellennetz nach wie vor große Lücken hat. Erst wenn sich dies ändert, könnte das 20-prozentige Einsparpotenzial des alternativen Kraftstoffs, das der Stuttgarter Zulieferer Mahle an einem Versuchsfahrzeug ermittelt hat, großflächig zur Umweltentlastung beitragen.

afb/amp