Porsche 911 Targa 4 GTS
Wer bei einem Porsche Schwarz sieht, hat vermutlich ein Mitglied aus der GTS-Familie vor sich. Die wollen sich mit schwarzen Accessoires abheben und gleichzeitig als die besonders sportlichen Sportwagen der Marke darstellen. Schließlich steht die Abkürzung GTS für Gran Turismo Sport und damit für Sportler, die gleichzeitig auf der Rennstrecke und auf der Straße einen guten Eindruck hinterlassen. GTS-Derivate gibt es vom Boxster, Cayman, 911 Carrera, Panamera und vom Cayenne, also von allen Baureihen außer dem Macan. Wir kümmerten uns jetzt um das jüngste Familienmitglied, den Porsche 911 Targa 4 GTS.
Auf der Privat-Rennstrecke Ascari, nördlich der spanischen Touristenmetropole Malaga, trat der Porsche 911 Targa 4 GTS jetzt an, um zunächst den Beweis für seine Rundstreckentauglichkeit anzutreten. Mit 430 PS bietet der GTS bei leicht erhöhtem Drehzahlniveau 30 PS mehr als das S-Modell. Bei dem Standardsprint von 0 auf 100 km/h verringert das die Zeit von sowieso schon eindrucksvollen 4.4 Sekunden um eine Zehntelsekunde. In der Höchstgeschwindigkeit liegen zwischen dem S und dem GTS gerade einmal 3 km/h, denn mit dem Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe PDK schafft der GTS die 301 km/h, während der S vor der 300er Grenze abbricht.
Es ist also weniger der Motor, als dessen spontane Leistungsentfaltung und seine Standfestigkeit. Gepaart mit ebenso standfesten, gut dosierbaren, kräftigen Bremsen und einem Fahrwerk, das keinen Moment Zweifel an seiner Qualität aufkommen lässt. Die Querbeschleunigung, die der GTS wegsteckt, ist immens. Er lässt aber uns als Fahrer nie im Unklaren darüber, dass es noch „Luft nach oben“ gibt“. Die Lenkung agiert mit spontanem, aber weichem Ansprechen, so dass eine runde Fahrweise die Kurvengeschwindigkeit hoch hält. Natürlich arbeitet dafür nicht nur die Mechanik mit den Reifen. Da ist auch viel Elektronik im Spiel: etwa die Lenkung, das Sport Chrono-Paket, das adaptive Dämpfersystem PASM und eine elektronische Hinterachssperre.
Außerdem haben die Entwickler dem GTS auch noch eine Tieferlegung von rund 20 Millimetern spendiert. Zusammen mit der breiten Spur und den hinten aufgezogenen Reifen der Dimension 305/30 ZR 20 können ja nur beeindruckende Werte für die Querbeschleunigung entstehen. So gesehen ist es eigentlich gar nicht erstaunlich, welche Gelassenheit der GTS seinem Fahrer auf dem gewiss nicht anspruchslosen Kurs von Ascari vermittelt. Die dicken Puschen sitzen in einem dicken Heck. Die dickeren Schweller tun ein Übriges.
Man fällt schon auf in diesem Coupé ohne Dach. Das liegt an der besonderen Architektur mit der klassisch breiten B-Säule und der elektrisch nach hinten verschwindenden Dachmitte, aber eben auch an der speziellen Bugschürze, den schwarzen Rädern, den schwarzen Chromleisten und anderen schwarzen Elementen. Gegen diese Zusammenballung fällt der GTS-Schriftzug an der Seite eher unauffällig aus. Wem das zu wenig Aufsehen bringt, dem sei empfohlen, die Sport+-Taste zu drücken. Die verschärft nicht nur die Gaspedal-Kennlinie, die Schaltzeiten und hebt die Drehzahlgrenze für die Gänge an. Sie bringt auch die neue Sportauspuffanlage mit ihren vier Endrohren im selbstverständlich schwarzen Diffusor so richtig zur Geltung. Ob offen oder geschlossen – die Anlage sorgt immer für den richtigen Ton. Der liegt bei niedrigen Drehzahlen dicht beim Brummen und steigert sich – je nach Lust und Laune des Fahrers auf Beschleunigung – bis zum typischen heiseren Porsche-Fauchen. Als Krönung des Ganzen gibt es auch noch Zwischengas beim Runterschalten. Verlässt man die Rennstrecke und bewegt sich auf Landstraßen, vorzugsweise auf solchen mit engen, langsamen Kurven, bleibt mehr Zeit, das Augenmerk auf den Innenraum zu richten.
Dann fallen einem die Karbonteile und das mattschwarze Alcantara auf, die beim GTS auch das Ambiente noch ein wenig mehr in Richtung Sportlichkeit schieben wollen. Das nimmt man gern mit und verzeiht unserem GTS zum Beispiel auch Schwächen, wie den Navigationsbildschirm aus den Anfangsjahren des Infotainment. Der ist sichtbarer Hinweis darauf, dass auch der Targa in dieser Hinsicht weniger bietet als andere. Aber wen interessiert das schon bei diesem Porsche, der auch dank der schaltbaren Fahrmodi den Spagat zwischen Langstrecke und Rennstrecke scheinbar mühelos schafft.
Peter Schwerdtmann/amp