Citroen C4 Picasso: Der fünfsitzige Siebensitzer
In der französischen Sprache gibt es bereits so schöne deutsche Wörter wie le leitmotiv oder le zeitgeist. Vielleicht sollten wir unseren Nachbarn im Westen ein weiteres schenken: le raumwunder. Erstaunlich, aber wahr: Obwohl die Gallier die Tugend, ein Auto sozusagen in ein fahrendes Loft zu verwandeln, geradezu perfektioniert haben, hält deren Sprache keinen eindeutigen Begriff für das Ergebnis dieser französischen Autobauer-Begabung bereit.
Dabei finden die Raumwunder-Mobile immer mehr Freunde in aller Welt. Aktuellstes Beispiel: Citroën. Mehr als drei Millionen Mal hat das Unternehmen inzwischen den C4 Picasso verkauft. Die in diesem Jahr neu auf den Markt gekommene neue Generation des Vans hat maßgeblich dazu beigetragen, dass Citroën seinen Fahrzeugabsatz im ersten Halbjahr um 23 Prozent gegenüber dem Vorjahr steigern konnte. 23 Prozent Umsatzsteigerung? Die Zahlen, mit denen Citroën-Managerin Estelle Rouvrais aufwartet, haben leider einen entscheidenden Schönheitsfehler. Sie gelten nur für die Märkte außerhalb Europas.
Doch vielleicht kann Rouvrais im nächsten Jahr rückblickend sagen, dass der C4 Picasso der Marke auch in Europa zu einem Lichtblick in der Krise verholfen hat. Die Chancen stehen gut, denn die Franzosen stellen ihrem fünfsitzigen Van nun wie schon in der Vorgängergeneration einen Siebensitzer zu Seite. Die Eigenheiten des deutschen Marktes sorgen allerdings dafür, dass es beim Grand C4 Picasso hierzulande bei fünf Plätzen bleibt. Während fast überall auf dem Globus die dritte Reihe im verlängerten C4 Picasso serienmäßig eingebaut wird, muss sie der deutsche Kunde für 700 Euro zukaufen. Diese Preispolitik ist, so die C4-Picasso- und Grand-C4-Picasso Projektverantwortliche Anne Ruthmann, dem Umstand geschuldet, dass die Deutschen lieber mehr Laderaum als zwei zusätzliche Sitzplätze in ihrem Auto hätten. Citroëns Konkurrenz mache da dieselbe Erfahrung.
Wenn die Käufer des „fünfsitzigen Siebensitzers“ wüssten, was sie verpassen. Mühelos und mit nur einer Hand lassen sich die Plätze der dritten Reihe im Fahrzeugboden versenken. Im Grand C4 Picasso stehen dann 645 l Stauraum (und damit 69 l mehr als beim Vorgänger) nach VDA-Norm zur Verfügung, bei Positionierung der Plätze in der zweiten Reihe in vorderster Position gar 700 l. Bei umgeklapptem Beifahrersitz beträgt die Laderaumlänge 2,75 m – und das, obwohl der Grand C4 Picasso in seiner neuen Generation in der Länge nicht einmal gewachsen ist. Für das Raumwunder – der Hersteller spricht vollmundig von einer „intelligenten Architektur, die Kompaktheit und Wohnlichkeit verbindet“ – sorgt der verlängerte Radstand von nun 2,84 m.
Werden die beiden Sitze der dritten Reihe – wiederum in Sekunden und mit nur einer Hand – aus dem Fahrzeugboden hervorgeklappt, schrumpft der verfügbare Kofferraum zwar dramatisch, dafür haben es die Mitfahrer ganz hinten so bequem wie bei wohl wenigen Konkurrenten in diesem Segment. Die maximale Kniefreiheit beträgt immerhin 108 mm, der Zugang zu den hintersten Plätzen wird – dank der maximalen Längsverstellung der Sitze in der zweiten Reihe um 150 mm – extrem vereinfacht. Ohne Konkurrenz auf dem Markt sind Citroën zufolge die separaten Luftdüsen für die dritte Reihe.
Den Komfort ganz hinten in allen Ehren, aber das wahre Lounge-Gefühl, wie Citroën das Innere des Grand C4 Picasso beschreibt, kommt natürlich besonders in den Reihen 1 und 2 (in letzterer sind, dies nur nebenbei, die Sitze auch in der Neigung der Rückenlehne verstellbar) auf. Die schon legendäre Panorama-Frontscheibe trägt mit dazu bei, dass sich die verglasten Flächen auf beeindruckende 5,70 Quadratmeter addieren.
Mit dem Lounge-Paket erinnert der Innenraum an den eines exklusiven Flugzeuges: Die Kopfstützen der Sitze haben dann einen zusätzlichen Seitenhalt, an den Rückenlehnen der Vordersitze findet sich ein Leselicht, Fahrer- und Nebensitz sind mit Massagefunktionen ausgestattet und der Beifahrer bekommt eine verstellbare Unterschenkelauflage spendiert. Zwar ist das Lounge-Paket nur für die beiden obersten der vier Ausstattungslinien erhältlich (Intensive: Aufpreis 850 Euro, Exclusive: serienmäßig), beim C4 Picasso entscheiden sich aber ohnehin 75 Prozent der Käufer für die Intense- oder Exclusive-Ausführung.
Bei allem Wohlgefühl, den das fahrende Loft den Reisenden vermittelt, darf ein Blick auf die Technik nicht fehlen. Hier nämlich tat sich Erstaunliches: Der Grand C4 Picasso ist, wenn unter der Haube der eHDi 90 Airdream (68 kW / 92 PS, ab 24 490 Euro) werkelt, der erste Van mit Verbrennungsmotor, der sich mit weniger als 100 g CO2/km zufriedengibt. 98 g sind es exakt, was einem Verbrauch von 3,8 l entspricht. Kaum weniger sparsam ist das eHDi 115-Triebwerk (84 kW / 115 PS, ab 24 990 Euro), das 4,0 l/100 km verbraucht. Selbst das Top-Dieseltriebwerk Blue HDi 150 (110kW / 150PS, ab 27 740 Euro) begnügt sich mit 4,2/4,3 l/100 km (automatisierte Gangschaltung: 4,5 l/100 km). Erreicht wurden die Verbrauchswerte unter anderem durch Gewichtseinsparungen von bis zu 100 kg und die Einführung eines Start-Stopp-Systems.
Auch bei den Assistenzsystemen hat Citroën aufgerüstet. Vom Park-Assist für selbstständiges Einparken über den Spurhalteassistenten bis hin zum Geschwindigkeitsregler ist alles an Bord oder kann zugekauft werden. Letzterer allerdings ist auf deutschen Autobahnen eher eine Gefahr als eine Hilfe: Der Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug wird zwar selbsttätig eingehalten, bremst der Vordermann aber abrupt und droht ein Auffahren, meldet sich das System mit einer Warnmeldung einfach ab. Ein selbsttätiger Bremseingriff erfolgt nicht.