Prognose für den europäischen Automarkt 2022
Dataforce erstellt eine Prognose für den europäischen Automarkt 2022 und bringt Einschätzungen ihrer Experten. Dazu stellen sich einige Fragen. Kann sich der europäische Automarkt im Jahr 2022 erholen? Wie geht es weiter mit der Elektrifizierung und welche Trends werden das Marktgeschehen bestimmen?
Prognose für den europäischen Pkw-Markt
Ein leichter Anstieg der Fahrzeugproduktion in der ersten Jahreshälfte und ein stärkeres Wachstum im zweiten Halbjahr ermöglichen 2022 rund 12,6 Millionen Neuzulassungen in Europa[1]. Im Vergleich zu 2021 ist das eine Steigerung um 8,9%. Der Privatmarkt entwickelt sich dabei etwas stärker als die gewerblichen Neuzulassungen. Zwar erwarten wir bei Firmenwagen ein deutlicheres Wachstum, Autovermieter, Hersteller und Handel können aber weiterhin nur eingeschränkt beliefert werden.
Kraftstoffe
Auch im nächsten Jahr werden Elektrofahrzeuge ihren Marktanteil ausbauen. Das Wachstumstempo verlangsamt sich aber. Wir rechnen damit, dass BEVs, PHEVs und HEVs zusammen nur 3,5 Prozentpunkte Marktanteil dazugewinnen können. Die verbesserte Liefersituation bei den Halbleitern erlaubt den Herstellern, wieder mehr Benzin- und Dieselfahrzeuge zu produzieren. Durch die weiter steigenden EV-Anteile müssen sich diese außerdem weniger Sorgen um ihre CO2 Ziele machen.
Gleichzeitig wird es schwieriger, zusätzliche Kunden zu gewinnen. Im Premiumbereich fahren schon viele Käufer elektrisch. Bei kleinen und kompakten Pkw ist der Aufpreis der BEVs aber noch relativ hoch und die Reichweiten geringer, gleichzeitig reduzieren einige Länder ihr EV-Förderung.
Experten-Einschätzungen
Marc Odinius – Geschäftsführer
Das Auto hat Zukunft. Die größte Erkenntnis der letzten zwei Jahre ist, dass wir die Umwelt am einfachsten entlasten, wenn wir einfach weniger fahren. Wir verzichten nicht auf das Auto und die damit verbundene Sicherheit und den Komfort. Zugunsten von schlecht ausgebauten öffentlichen Nahverkehrsnetzen in Form einer selbstauferlegten Askese. Sondern wir schätzen den Pkw mehr denn je, nutzen ihn aber deutlich weniger. Ökonomie und Ökologie stehen sich zumindest in diesem Punkt nicht im Wege. Ich freue mich sehr, dass wir diesen radikalen Umbau der Automobilindustrie technisch wie mental mit unseren Informationen begleiten dürfen.
Benjamin Kibies – Senior Automotive Analyst
Auch wenn die Talsohle durchschritten ist, 2022 bleibt die Fahrzeugproduktion der Flaschenhals. Die Nachfrage ist deutlich größer als das Angebot. Daher werden die Hersteller auch 2022 ihren Fokus auf margenstarke Verkäufe richten (müssen). Großkunden wie Autovermieter oder die großen Flottenbetreiber bekommen weniger Rabatte. Und die Eigenzulassungen von Hersteller und Handel werden weiter eingeschränkt.
Richard Worrow – Key Account Manager International
Auf den ersten Blick kann man sagen, dass die Branche durch den äußeren Druck der CO2-Ziele, der Pandemie und der Halbleiterknappheit einige Turbulenzen durchmacht. Man kann aber auch sagen, dass diese Einflüsse ein Katalysator für einige gute Fortschritte waren. Insbesondere im Hinblick auf die Einführung von BEVs und PHEVs.
Neue Impulse für die Märkte kommen von neuen Marken wie MG, Aiways, Nio, Wey & Ora aus Asien. Lucid, Rivian, Fisker oder Faraday Future aus den USA und Arrival, die den LCV-Markt erobern wollen. Die etablierten Marken, haben sich schnell angepasst, einige kündigen schon in nicht allzu ferner Zukunft das Ende der Verbrennungsmotoren an. Die Turbulenzen werden vorübergehen, die Zukunft ist vielversprechend. Und das Jahr 2022 (sobald die Chips verfügbar sind) sollte sich als der notwendige Booster erweisen, um die Automobilindustrie wieder voranzubringen.
[1] Belgien, Bosnien und Herzegowina, Dänemark, Deutschland, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Irland, Island, Italien, Kroatien, Lettland, Litauen, Luxemburg, Niederlande, Norwegen, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, Schweden, Schweiz, Slowakei, Slowenien, Spanien, Tschechische Republik, Ungarn, Vereinigtes Königreich, Zypern.