Volvo S90 und V90 – Vollvolley
Volvo S90 und V90 Vollvolley. Zwei schöne Gründe, sich vom deutschen Premium-Biedermeier zu emanzipieren. Was umso leichter fällt, je länger man von diesen Schwedenbombern nascht. Schweden in diesem Format gab es bisher nicht. An Pininfarinas Maserati Viertürer erinnernd aus mancher Blickrichtung, an einen Jaguar XJ mit dem gefälligeren Hintern des XF. Anmutung eher S-Reihe als E und eher 7er-Klasse als 5er. Ein A7, der keine Grimassen reißt.
Der große Schwede wirkt innen noch größer. Fußraum hinten wie anderswo im Langmodell; 12 Zentimeter dazu kriegen die als besonders lang bekannten Chinesen, was an den Beinen ihrer Sekretärinnen liegen mag. Uns gönnt man im Fond zu beiden Seiten je zwei Kleiderhaken und eine schwenkbare Luftdüse – ein Fond, in dem sich Fonds managen lassen.
2017 der Steckdosen-Hybrid T8 mit 407 PS
Unter der langen, waagrechten Haube einen Reihen-Sechser vermutend, erstaunt ein kurzer Vierzylinder im Querformat umso mehr. Hier bleibt kein Kunstgriff unterlassen, das Manko an Brenn- und Hubräumen ohne Turbokrater zu überkompensieren. Hilfreich dabei die muntere und doch sanft wechselnde Automatik. Die Fronttriebs-Versionen lassen sich auch von Hand schalten. Wer noch mehr Schub erleben will, den verwöhnt 2017 der Steckdosen-Hybrid T8 mit 407 PS und 640 Nm; 45 Kilometer soll er elektrisch schaffen. Den ärgsten Leistungswahn überlässt Volvo lieber gelassen den Deutschen, die ihr Kampfhunde-Arsenal mehrheitlich auch nur mit Vierzylinder-Diesel verkaufen. Trotzdem hat Volvo 2015 den Tuner Polestar adoptiert, mit R-Versionen ist also zu rechnen.
Die Preiswürdigkeit des Gebotenen
Serienmäßiger Kollisionsschutz zur Abwehr lebensmüder Fußgänger, Radler und Wildtiere. Die Lenkassistenz bis Tempo 130 benötigt klare Bodenmarkierungen und lenkt so zackig wie der große Citroen unseres Onkels. Aufpreis jedoch für das verstellbare Fahrwerk mit Luftfederung an den Hinterrädern. Überraschend die Preiswürdigkeit des Gebotenen: diese Wagen sehen doppelt so teuer aus. Bei uns rechnet man konservativ mit 500 Käufern im Jahr, zu 70 Prozent Kombi mit Diesel. Deshalb jedem der gute Rat, auch die Limousine anzusehen und die Benziner zu probieren.
Entwickelt von Menschen, die zum Teil seit 35 Jahren bei Volvo sind. Viele Saab-Ingenieure tüfteln heute dort; ein 9 hoch 7 gewissermaßen. Einfühlsame Lenkung mit schöner Rückmeldung. Sorgfältige Abstimmung für entspanntes Rasen, pardon: Reisen. Leitspruch des Volvo-Häuptlings Samuelsson: „Entspanntes Selbstvertrauen“.
Krisensitzung in München, Ingolstadt, Stuttgart? Wer nicht aus der ersten Reihe zu tanzen wagt, der sitze halt weiter in deutscher Premium-Haft, versäumt aber etwas. Enger wird es für Lexus, Infiniti, Alfa – dieses Trio sollte sich auch im Voll-SUV große Kombis überlegen. Bessere Werbung täte auch nicht schaden. Die großen Schweden zeigen es vor. Probierbar ab Oktober. Das Video dazu gibt es auf http://www.automagazin.at/videos/