VW Amarok V6: Neues Herz im Pick-up
Seit 2009 ist er auf dem Markt und wurde mittlerweile über 455.000 Mal produziert. Jetzt hat sich VW zu einer Neuausrichtung des Amarok entschieden – zumindest in Europa. Hier wird der Pick-up ab Ende September nur noch mit einem V6-Diesel und als Doppelkabine ausgeliefert. Die Neupositionierung als Premiumfahrzeug im Segment geht mit einem Facelift einher, einer Aufwertung des Innenraums und aktuellem Infotainment inklusive Smartphoneeinbindung und Onlinediensten.
Das neue Herz des Amarok stammt aus dem Audi Q7, findet erstmals bei VW Anwendung und wurde für die speziellen Anforderungen im Nutzfahrzeugbereich leicht modifiziert. So wurden beispielsweise die Spitzenleistung zurückgenommen und das Ölvolumen des 3.0 Liter-V6-Diesel aufgestockt, der mit Adblue-Einspritzung die Euro-6-Norm meistert. Der Kunde hat die Wahl zwischen 163 , 204 und 224 PS. Die unterste Leistungsstufe ist nur als Sechsgang-Handschalter und wahlweise mit Heck- oder zuschaltbarem Allradantrieb zu haben, die mittlere nur mit zuschaltbarem Allradantrieb, dafür aber wahlweise auch mit Achtstufen-Automatik. Den Topmotor gibt es nur mit permanentem Allrad und Automatik.
Äußerlich ist der neue Modelljahrgang an dem prominenter gezeichneten Kühlergrill mit neugestalteter Frontschürze und den nun eckigen Nebelscheinwerfern zu erkennen. Innen wurde die obere Hälfte des Armaturenbretts neu gestaltet, bleibt dem Stil des Hauses aber treu. Die Königsfuge, die Trennlinie zwischen oberer und unterer Hälfte des Cockpits, eröffnet als Blende künftig eine Vielzahl von optischen Gestaltungsmöglichkeiten. Auch die Lüftungsdüsen, nun ebenfalls eckig, wurden wertiger als bisher umrahmt. Es bleibt innen zwar bei Hartplastik, die Narbung täuscht aber geschickt weicheres Material vor und verfeinert das Ambiente. Auch Kleinigkeiten wie der nun rahmenlose Innenspiegel unterstreichen den höheren Anspruch.
Während die Ausstattung Trendline den professionellen Nutzwert widerspiegelt, steht die neue Ausstattung Aventura für den neuen und lifestyleorientierteren Ansatz des Amarok. So war es auch kein Wunder, dass Volkswagen zur Vorstellung des V6 ausschließlich ihn mitgebracht hatte. Er verfügt serienmäßig unter anderem über 20 Zoll-Räder, die die Fahrgastzelle optisch verlängernde Sportsbar, Bi-Xenonscheinwerfer und Schwellerrohre, 14-fach elektrisch verstellbare vordere Ergo-Komfort-Ledersitze mit manueller Verlängerung der Beinauflage und Schaltwippen für den Sport-Modus der Achtstufen-Automatik sowie mit Filz ausgekleidete Türinnentaschen. Dazwischen rangieren dann noch Comfortline und Highline. Die beiden neuen matten Lackierungen in Grau oder Blau, die an die in Mode gekommenen Folierungen erinnern, bleiben aber nur dem Aventura vorbehalten – und stehen dem Amarok ausgesprochen gut.
Gut ist es auch um den neuen Herzschlag bestellt. Der 3.0 TDI liefert maximale Drehmomente von 450, 500 und 550 Newtonmeter im Bereich zwischen 1.400 und 2.750 Umdrehungen in der Minute, beim 163 kW-Modell mit Overboost kurzfristig sogar bis zu 600 Nm bei nochmals 15 kW mehr Leistung. Dabei darf die Spitzenmotorisierung sogar für sich in Anspruch nehmen, mit einem Normverbrauch von 7.6 Litern die verbrauschsgünstigste Ausgabe des V6 zu sein.
Die Achtstufen-Automatik, aus dem Hause ZF ist top, spricht sehr sensibel an und schaltet blitzschnell einen Gang hoch, sobald der Fuß vom Gas genommen wird. Problemlos kann im siebten Gang Ortsgeschwindigkeit eingehalten sowie in der letzten Getriebestufe und knapp über Leerrlaufdrehzahl mit 65 km/h gefahren werden. Der Motor arbeitet leise und lässt sein Potenzial nur beim Beschleunigen erklingen, wo er seinen Hubraum und die Zylinderzahl stolz in die Welt hinausposaunt – schließlich reichen für den Standardsprint weniger als acht Sekunden. Beim Kickdown dreht der Diesel bis 4.000 Umdrehungen hoch, im S-Modus dürfen es auch 4.500 Touren und noch ein bisschen mehr sein. Ein Lob verdient auch die präzise Lenkung. Ab 130 km/h nehmen die Windgeräusche allerdings deutlich zu, und spätetsens ab 150 km/h dürften sich dann alle Insassen über den serienmäßigen Stimmenverstärker freuen.
Hinten sitzen Mitfahrer erstaunlich bequem. Zwar ist die Rückenlehne recht steil, die Beinauflage und der Kniewinkel dafür für einen Pick-up außerordentlich großzügig. Etwas geknausert hat VW bei der Variabilität. Wer die Lehne nach vorne umlegen möchte, muss die Schlaufen an den beiden Enden gleichzeitig ziehen. Und beim Aufstellen der Sitzflächen bleibt es wegen der steilen Lehne bei sichtlich unter 90 Grad, und ein ebener Fußboden tut sich darunter ebenso wenig auf.
Der Amarok ist bei aller emotionaler Neuausrichtung natürlich im Inneren seines Herzens ein Arbeitstier geblieben. Eine Differenzialsperre sowie der Offroad-Modus mit Bergan- und abfahrhilfe und speziellem Gelände-ABS sorgen für einen artgerechten Auftritt. Die Steigfähigkeit liegt bei 100 Prozent bzw. 45 Grad – bei voller Beladung. Eine Untersetzung bleibt auf Wunsch dem Handschalter vorbehalten, der Wandler der Automatik kann nach Ansicht von VW gut darauf verzichten. Einen V6 gibt es ansonsten im Segment ebenso wenig wie eine Achtgang-Automatik Und die coolen Matttöne des Aventura hat auch niemand im Kollegenkreis aufzufahren. Markteinführung des VW Amarok V6 ist Ende September.
jri/amp