VW ID Every 1 – VW glaubt an das Elektroauto

10.000 VW-Händler sind geladen zu dem ganz großen Auftritt für ein kleines Auto: Wummernde Bässe, Blitze zucken, Scheinwerfer erhellen die dunkle Bühne, dann rollt er vor, der Volkswagen ID Every 1. Wenn der Einstiegs-Stromer Ende 2027 in Produktion geht, soll er die europäische Kundschaft im Sturm erobern.

Die Händler, denen das Modell in den nächsten zwei Wochen in den Düsseldorfer Messehallen gezeigt wird, dürfte es freuen. Denn selbst der preiswerteste Verbrenner von Volkswagen, der Polo, kostet genauso viel wie der ID Every1: Rund 20.000 Euro. Er dürfte also viele Kunden in die Autohäuser locken, denen Elektroautos bisher schlicht zu teuer sind.

Show & Neuigkeiten

Die Show soll den VW-Händlern zeigen: Es lohnt sich, weiter in die Marke zu investieren. Volkswagen wird seinem Namen wieder gerecht und baut Elektroautos für das Volk. Vertriebsvorstand Martin Sander will seinen Händlern zeigen, was sie mit dem ID 1 Ende 2027 erwarten können: Angetrieben von einer neu entwickelten 95 PS Elektromaschine, mit einem Kofferraumvolumen von 305 Litern und der neuesten Software-Architektur soll der Kleinwagen kein Verzichtsmodell werden: „Es wird natürlich für 20.000 Euro erschwinglich sein, aber er wird die Werte haben, die man von Volkswagen erwartet“, so Sander.

Wie viele ID 1 VW pro Jahr verkaufen will, verrät Sander noch nicht. Vom Vorgänger, dem E-Up, waren es in elf Jahren nur 60.000Stück. Da traut VW dem neuen Modell schon mehr zu, denn der E-Up war fast 10.000 Euro teurer. Und Sander weiß: Erst wenn ein Elektroauto in etwa so viel wie ein vergleichbarer Verbrenner kostet, dann springt die Nachfrage spürbar an. Das hat die Verkaufsoffensive des ID 3 gezeigt: VW hatte den Preis des Kompakt-Stromers zeitweilig auf unter 30.000 Euro gesenkt „und die Leasingrate in die Nähe der eines gut ausgestatteten Golf gebracht“, so Sander. Damit habe man innerhalb von 14 Tagen eine fünfstellige Anzahl an ID 3 verkauft. Solche Aktionen werde es immer wieder geben.

Preis & neue Zellchemie

Damit der neue, kleine ID zum Verbrenner-Preis noch profitabel ist, legen sich Entwickler und Designer mächtig ins Zeug: Die Batterie, groß genug für eine Reichweite von mindesten 250 Kilometern, arbeitet mit einer neuen Zellchemie – LFP, die ohne teures Kobalt auskommt. Die Zellen sind direkt ins Gehäuse eingebaut, was die Batterie im Wagenboden besonders flach macht. Der Every 1 ist nicht höher als ein konventionelles Auto.

Das schlichte Design ohne viele Sicken und Kanten sieht nicht nur solide aus. Die Form erlaubt auch eine günstige Karosseriefertigung. Sogar bei den Türgriffen hat das Team von Chefdesigner Andreas Mindt an die Kosten gedacht: Die Studie hat noch elektrisch versenkbare Türgriffe, das Serienmodell wird konventionelle haben, auch weil die günstiger sind. Und: Gebaut wird der Kleinwagen „in Europa“, aber ganz sicher nicht in Deutschland: Hier sind die Produktionskosten einfach zu hoch.

Denn die Kosten- und damit die Preisschraube sind das wichtigste Instrument, den Absatz von Elektroautos zu steigern. Nur wenige Kunden sind bereit, tausende Euro mehr zu bezahlen, nur um elektrisch zu fahren. VW muss aber den Absatz von Elektroautos ankurbeln, um die strenger werdenden CO2-Ziele der Europäischen Union zu erreichen. Auch wenn EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen soeben angekündigt hat, der Industrie mehr Zeit zu geben. „Als Marke Volkswagen haben wir einen Plan, in 2025 das CO2-Ziel in Europa zu erreichen“, so Sander. Das funktioniere „mit dem Volumen an Elektrofahrzeugen und Plug-in-Hybride, das wir geplant haben.“

Im vergangenen Jahr habe VW das CO2-Ziel der EU sogar übererfüllt, sagt der Manager. Doch dieser Erfolg hilft VW in diesem Jahr nicht. Das will die EU jetzt ändern, um der Industrie mehr Spielraum zu geben. Den können die Wolfsburger gut gebrauchen, denn das nächste elektrische Volumenmodell, der ID 2, kommt erst nächsten Jahr.

Das für 2035 beschlossene Verbrenner-Verbot aufzuheben oder zu verschieben, davon hält der VW-Vertriebschef wenig: „Nach meiner persönlichen Meinung ist das irrelevant. Denn ich bin fest davon überzeugt, dass batterieelektrische Autos bessere Produkte sind.“ Denn, so Sander: „Die gute Beschleunigung, die fast geräuschlose Fahrt, mehr Nutzfläche bei einem kleineren Auto – darum wird sich die batterieelektrische Technologie durchsetzen.“ Auch ohne Verbot des Verbrenners – früher oder später. (aum)