VW Polo GTI
GTI, die drei Buchstaben stehen für Volkswagen wie Käfer und Golf. In eine neue Dimension der Erblinie stößt nun der Polo vor, dessen Sportlinie vor 39 Jahren mit dem G 40 begann. Nach wie vor bleibt der Auftritt trotz Dach- und Frontspoiler, breiteren Seitenschwellern und Doppelendrohren eher zurückhaltend.
Natürlich ist da das berühmte Kürzel an Front und Heck, natürlich hat der Kühlergrill eine rote Zierlinie und natürlich fehlt auch das karierte Muster der Sitzbezüge nicht. Das Kürzel verpflichtet eben. Aber es sind nicht die 12 PS Mehrleistung, die die Faszination der Neuauflage ausmachen, sondern in erster Linie das superbe Fahrwerk.
Der Polo GTI weist dank stärkeren Stabilisatoren an der Vorderachse, anderthalb Zentimeter tiefergelegtem Fahrwerk und etwas breiteren Felgen eine erstaunlich geringe Wankneigung auf, ohne dass der Federungskomfort im Alltag darunter leiden würde. Der Polo GTI bleibt langstreckentauglich. In Kombination mit der erstmals eingebauten elektromechanischen Lenkung und der aus dem Golf stammenden, aber weiterentwickelten Differenzialsperre XDS+ ist der Sport-Polo ein sehr agiles Fahrzeug.
Mit dem zweistufigen ESC inklusive abschaltbarer Traktionskontrolle lässt sich bei Bedarf der Grenzbereich auch noch etwas weiter verschieben. Wer noch mehr aus ihm herauskitzeln möchte, der greift zum Sport-Select-Fahrwerk, mit dem sich die Dämpfer weiter straffen lassen. Obendrein gibt es noch den so genannten „Sport Performance Kit“, der auch die Servolenkung und Gaspedalkennlinie sowie den Sound etwas nachschärft. Der Polo GTI fährt sich auch im Grenzbereich ungemein neutral und verhilft zu einer Dynamik, die auch auf anspruchsvolleren Strecken und bei raschen Richtungswechseln für keinen Augenblick das Gefühl von Sicherheit vermissen lässt.
Dies macht einen großen Teil des besonderen Fahrerlebnisses mit dem kleinen Sportler aus. Einen weiteren wesentlichen Anteil hat der Motor. Unter der Haube steckt mit der 1.8 Liter-Version des TSI die etwas kleinere Ausgabe des 2.0 Liter Motors aus dem größeren Bruder Golf GTI. Und der hat es in sich. In 6.7 Sekunden beschleunigt er den Wagen von null auf 100 km/h. Das sind nur 0.3 Sekunden weniger als bei der bereits ausverkauften Straßenversion des Rallyeautos Polo R WRC und 0.2 Sekunden weniger als beim Golf im Schafspelz. 236 km/h Höchstgeschwindigkeit sind es real, die auf dem bis 280 reichenden Tachometer angezeigt werden können.
VW macht es den Polo-Jüngern unter den GTI-Fans nicht leicht: Neben dem Sieben-Gang-Direktschaltgetriebe, wie die Doppelkupplung bei Volkswagen offiziell heißt, wird alternativ erstmals wieder eine Sechs-Gang-Handschaltung offeriert. Die Fahrleistungen sind identisch, aber zwei Unterschiede gibt es dennoch. Der eine betrifft das Ökobewusstsein, der andere das Drehmoment. Mit dem DSG ist der Polo GTI im Normzyklus fast einen halben Liter sparsamer unterwegs (5.6 l/100 km gegen 6.0 l/100 km), der Handschalter stemmt dagegen stolze 320 Newtonmeter auf die Kurbelwelle, das sind immerhin 70 Nm mehr. Dabei erfreut das Getriebe nicht nur durch relativ kurze Schaltwege und weiche Wechsel, sondern auch durch einen nicht zu lang übersetzten letzten Gang. Bereits ab 1.600 Umdrehungen in der Minute meldet sich der 6. Gang mit spürbar einsetzendem Schub. Nicht hundertprozentig überzeugen können die Sportsitze, die ruhig noch etwas enger anliegen und mehr Seitenhalt bieten könnten. Und wie bei jedem Polo fällt auch beim GTI das Kofferraumvolumen selbst für einen Kleinwagen recht bescheiden aus. Egal, für welches Getriebe und welche Karosserie man sich entscheidet, der Käufer bekommt auf alle Fälle eine kleine Sportskanone, die ihren Spaßfaktor vor allem aus dem auch bei forscher Gangart stets berechenbar bleibenden Fahrwerk zieht. Da kann man schon einmal ins Grübeln kommen, ob es denn wirklich unbedingt die anderen vier Buchstaben vor dem berühmten Kürzel sein müssen – zumal der Polo ja längst größer als ein Golf der ersten Generation ist, mit dem die GTI-Geschichte einst begann. Marktstart ist Ende Januar.
Jens Riedel/amp