Winterreifen auch bei niedrigen Plusgraden sinnvoll
Winterreifen sind nur auf Schnee sinnvoll, haben ein lautes Abrollgeräusch und erhöhen den Spritverbrauch: Das sind einige Einschätzungen, die nach wie vor bei Autofahrern im Umlauf sind. Die Gesellschaft für Technische Überwachung (GTÜ) betont angesichts der kalten Jahreszeit aber noch einmal deutich, dass bei kühlen Temperaturen Winterreifen klare Vorteile gegenüber Sommerreifen haben. Auch wenn in Deutschland die so geannte situative Winterreifenpflicht besteht, sind sie unbedingt zu empfehlen – egal, ob nun Schnee liegt oder nicht.
Die Gummimischungen von Winterreifen sind für kalte Temperaturen entwickelt und weicher. Sobald das Thermometer unter sieben Grad Celsius fällt, spielen sie ihre Vorteile aus. Sommerreifen verhärten bei niedrigen Temperaturen und haften schlechter, selbst bei trockener Straße. Umgekehrt gilt: Winterreifen im Sommer zu fahren ist keine gute Idee. Bei höheren Temperaturen zeigen sie eklatante Schwächen, vor allem beim Bremsen auf trockener Straße.
Verschleiß & Profile
Ob Winterreifen einem höheren Verschleiß ausgesetzt sind als Sommerreifen hängt ebenfalls von den Temperaturen ab. Liegen diese um sieben Grad Celsius oder darunter, verschleißen diese Pneus nicht schneller, betont der ÖAMTC. Bei höheren Temperaturen verlieren sie aufgrund der weicheren Gummimischungen aber tatsächlich rascher an Profil.
Die weichere Gummimischung und das grobstolligere Profil erhöhen durchaus den Rollwiderstand ein wenig und damit den Verbrauch. Auch das mitunter höhere Gewicht eines Winterreifens spielt hier eine kleine Rolle. Aufgrund der ständig fortschreitenden Reifenentwicklung wirken sich diese Faktoren kaum auf die Spritrechnung aus. Stets wichtig im Sinne eines möglichst geringen Treibstoffverbrauchs ist der korrekte Luftdruck, so die Stuttgarter Prüf- und Sachverständigenorganisation.
Ob schmale oder breitere Reifen bei Schnee besser sind, hängt von den Witterungsverhältnissen ab. Bei viel Schnee bieten schmale Reifen eine bessere Traktion, weil sie mehr Druck auf die Kontaktfläche zwischen Fahrbahn und Fahrzeug ausüben. Zusätzlich reduziert sich die Gefahr von Aquaplaning. Doch sobald die Straßen schneefrei sind, spielen breitere Reifen ihre Vorteile in Sachen Stabilität und Kurvenhaftung aus. Allerdings ist ein Satz schmaler Pneus deutlich billiger und bietet zudem Vorteile bei Spritverbrauch und Komfort. Und die GTÜ erinnert daran, dass sich nicht auf alle breiten Winterreifen Schneeketten aufziehen lassen.
Geschwindigkeit & Klassifizierung
Früher war es häufig so, dass Winterreifen nur bedingt für hohes Tempo zugelassen waren. Das ist aber weitgehend vorbei. Die erlaubte Höchstgeschwindigkeit lässt sich an der Reifenflanke ablesen. Beispielsweise bei der weit verbreiteten Reifengröße 205/55 R16 91 H weist das „H“ auf die zulässige Höchstgeschwindigkeit hin, in diesem Fall sind es 210 km/h. Lässt die Motorleistung des Fahrzeugs ein höheres Tempo zu, muss ein Aufkleber im Sichtfeld des Fahrers angebracht sein, der daran erinnert, dass die Reifen nicht über ihre zulässige Geschwindigkeit hinaus zu belasten sind. Es geht noch schneller: „V“-Winterreifen sind für 240 km/h zugelassen. Ist es ein „W“, darf mit ihnen sogar 270 km/h gefahren werden.
Durch ihr gröberes und tieferes Profil als bei Sommerreifen können Winterreifen durchaus etwas lauter abrollen. Doch auch hier schreitet die Entwicklung immer weiter voran. Geräuschunterschiede sind oft kaum wahrnehmbar. Wer es genau wissen möchte, kann auf die Reifenklassifizierung achten, die aus einem farbigen Label oder den technischen Daten hervorgeht. Seit 1. Mai 2021 gilt eine ABC-Klassifizierung. A steht für das geringste Rollgeräusch, C für das lauteste. Oft steht der Lautstärke-Messwert in Dezibel (dB) dabei.
Manche Ganzjahres- oder Winterreifen tragen das „M+S“-Symbol. Das allein reicht nicht mehr. Seit 1. Oktober verlangt der Gesetzgeber für die Klassifizierung als wintertauglichem Reifen das so genannte „Alpine“-Symbol mit Bergpiktogramm und Schneeflocke.
Zwar gibt es für die Benutzung von Winterreifen die Faustregel von O bis O – Oktober bis Ostern -, doch das ist lediglich eine Empfehlung, wie die ÖAMTC noch einmal klarstellt. Die gesetzlich beschlossene situative Winterreifenpflicht hingegen birgt Risiken: Zum einen dürfen auf trockenen oder feuchten Straßen zwar auch im Winter Sommerreifen gefahren werden, wer andererseits aber bei Glatteis, Schnee, Schneematsch, Eis oder Reifglätte mit ungeeigneten Reifen unterwegs ist, riskiert wegen der erhöhten Unfallgefahr ein Bußgeld. Außerdem kann die Kaskoversicherung im Falle eines Unfalls mit Sommerreifen auf Schnee und Eis die Kostenübernahme ablehnen und sich auf grobe Fahrlässigkeit berufen. Mit „O bis O“ sind Autofahrer also in der Regel auf der sicheren Seite.